DER GATLING GUN-MYTHOS
The Death-Dealing Machine That Never Won the West
But Still Exist as Today’s Multi-Barrel Weapons System
von MICHAEL STEMMER
Open Fire! |
Buchcover: Hughes (2000) |
(…) and a tower built over the humped shape of the water cistern, with a Gatling gun mounted there which could sweep the interior of the prison and two of the walls, as well as the gateway, with soft-nosed .45/70 slugs at the rate of 350 per minute.”
— Gordon D. Shirreffs, Judas Gun, zitiert nach: Gold Medal Book k1476, Chapter Three (dt.: „Lohn der Hölle”)
Michael Stemmer informiert in seinem umfassenden Beitrag ausführlich über die Gatling Gun. Gegliedert in drei Hauptabschnitte, zunächst einmal einen allgemein gehaltenen Teil, gefolgt dann von selektiven Filmografien sowie einer Auswahlbibliografie. Für die Webfassung habe ich folgende Aufteilung vorgenommen (K. J. Roth)
Gatling Gun per definitionem
Was gerne übersehen wird: Der Terminus technicus ‘Revolverkanone’ ist eine jener irrigen Bezeichnungsweisen, die sich, teils in Unkenntnis der entsprechenden Konstruktions- Grundmerkmale einer derartigen Feuerwaffe, oft durch Tradition verewigt und bis heute im schriftlichen Sprachgebrauch erhalten haben. Aber egal: Im konkreten Fall hat ihr Erfinder selbst die verschwommene Bezeichnung ‘Machine Gun’ oder ‘Battery Gun’, gefolgt von deren späterer Herstellerfirma Colt’s Patent Fire Arms Manufacturing Co., nicht immer ganz korrekt angewandt. Dies galt auch für den Sprachgebrauch in seinem Geburtsland, bei auswärtigen Patentämtern, überdies bei Schriftstellern, Historikern, Filmregisseuren, Drehbuchautoren des fiktionalen Wilden Westen Hollywoods und in Militärkreisen.
Anders formuliert: Eine Revolverkanone bestünde, wie der Name bereits sagt, im Unterschied zur Gatling Gun aus einer von Schuß zu Schuß drehenden Stahltrommel (Walze) zur Bestückung mit entsprechenden Geschoßarten, davor aber nur ein einziges zur Überhitzung neigendes Geschützrohr angebracht. Es handelt sich also um zwei völlig unterschiedliche Prinzipien von Mehrschußmechanismen. Als annäherndes Beispiel einer de facto Revolverkanone mag die zeitgleich hervorgebrachte Confederate Revolving Cannon mit, wie dargelegt, einem Rohr und fünf Schuß im Kal. 2″ (50,8 mm) gelten, die während des ersten totalen Kriegs der Menschheitsgeschichte, dem US-Bürgerkrieg 1861 bis 1865, von
Seiten der Konföderierten beim Kampf um Petersburg, Virginia, in der Feldartillerie zum Einsatz gelangt.
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© 1974 by MICHAEL STEMMER, BERLIN |
Die Gatling Gun wird ihrerseits als Repetiergeschütz angesprochen und Geschütze haben üblicherweise ein Rohr, Hand- und Faustfeuerwaffen traditionell einen Lauf. Anstelle von (sing.) ‘Lauf’, besser: ‘Rohr’, müßte es im Sinne der Fachsprache in jedweder Publikation (pl.) ‘Läufe’ oder ‘Rohre’, zumindest aber ‘Lauf’- bzw. ‘Rohrbündel’ heißen. Bleibt noch festzuhalten: Sie feuert 500 Schuß pro Minute ab. Wirksamste Schußweite 450 m. Relativ leicht transportierbar auf nahezu jedem Gelände; letzteres nicht allerorten.
Eine weitergehende Betrachtung würde jedoch sowohl den thematischen Rahmen der vorliegenden Schrift als auch die Fachkenntnis des Autors in waffen-, schieß- und schußtechnischen Fragen ganz allgemein an dieser Stelle bei weiten übersteigen. Doch ist dies auch nicht die Zielsetzung vom Verfasser. Ein gewisses Maß an Geschichtskenntnis wird vielmehr vorausgesetzt. Es geht hier in erster Linie nicht um funktionale Details der Waffe an sich, als vielmehr die historische Korrelation im Hinblick auf ihren Stellenwert im amerikanischen Geschichtsbild des ‘Wilden Westens’, oder mit Augenmerk auf die Menschen, die sie handhabten und um ihre Rezeptionsgeschichte in den Medien.
Mit einem Satz: Eine Gatling Gun ist vom Konstruktionsprinzip her weder ein Maschinengewehr noch eine Revolverkanone – wie es die Marke „Colt“ für Dreh-Pistole generell mit der unrichtigen Gleichung: Colt = Revolver = Revolverkanone suggerieren mag. Der Verweis hierauf zieht sich dementsprechend als ein gedanklicher Strang durch diese Abfassung. Um das klarzulegen, muß man etwas ausholen und die mechanischen Bestandteile, Jahreszahlen, Namen oder Daten benennen, ohne die Leserschaft dabei mit der immensen Faktenfülle zu erschlagen. Doch eines nach dem anderen.