Das Geisterpferd
von Michael R. Ritt
(Orig. „The Demon Horse“, 2018; Übers.: Reinhard Windeler)
Dieses Mal müssen wir aufpassen, dass die Einleitung nicht länger wird als die Geschichte selbst.
Zwischen April 2018 und April 2019 gab der Western-Autor Scott Harris insgesamt vier Sammlungen von Kurzgeschichten heraus, zu denen er jeweils einundfünfzig Schriftstellerkollegen einlud, die zwei Dinge zu beachten hatten: Erstens mussten alle zweiundfünfzig Stories mit demselben Satz beginnen (natürlich in jedem Band mit einem anderen), und zweitens mussten sie alle jeweils aus exakt fünfhundert Wörtern bestehen.
Die vorliegende Geschichte steuerte Michael R. Ritt, den wir schon bei anderer Gelegenheit vorgestellt haben, zu der Sammlung mit dem Titel „A Dark & Stormy Night“ bei, der sich daraus erklärt, dass der vorgegebene Anfangssatz im Original „It was a dark and stormy night“ lautete, was eine kleine Erläuterung verdient hat.
Der englische Schriftsteller Edward Bulwer-Lytton (1803 – 1873) eröffnete damit im Jahre 1830 seinen Roman „Paul Clifford“. Seither sind diese Worte zu einem Klischee für den übertrieben melodramatischen Anfang einer Geschichte geworden. Sogar ein Hund kann diesen Satz zu Papier bringen, wie man an Snoopy sehen kann, den der Peanuts-Erfinder Charles M. Schulz (1922 – 2000) seit 1965 immer wieder ein Buch zu schreiben beginnen ließ, und zwar jedes Mal mit den Worten „Es war eine dunkle und stürmische Nacht“ (natürlich ohne dass jemals ein Werk vollendet worden wäre). Seit 1982 richtet die kalifornische San José State University sogar den Bulwer-Lytton Fiction Contest aus, bei dem es darum geht, den schlechtesten Anfangssatz eines (fiktiven) Romans zu verfassen.
Und wie lang ist die deutsche Übersetzung von „The Demon Horse“? Richtig, genau fünfhundert Wörter. Ehrensache.