Karl Jürgen Roth
Irgendwann vor vielen Jahrzehnten hingen diese Filmplakate in den Aushangkästen belgischer Kinos. Sie zeigen jeweils einen anderen Singing Cowboy und versuchten mit bunter Darstellung die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen. Vermutlich sind die berücksichtigten drei Plakate in den späten 1940er bzw. in den 1950er Jahren entstanden. Zur Rezeption der Film in Belgien liegen keine Informationen vor. Man darf allerdings annehmen, dass nach der Befreiung Belgiens u.a. durch amerikanische Soldaten im Ersten und damals soeben beendeten Zweiten Weltkrieg das Image des amerikanischen Helden per se - des Cowboys - positiv besetzt war.
Singing Cowboys waren amerikanische Schauspieler, die in oft farbenprächtiger Kleidung, bewaffnet mit Revolver, Gitarre und weißen Hüten seit etwa 1930 in einer Vielzahl von Western auftraten, dabei alle paar Minuten einen teils traditionellen, häufiger aber neu geschriebenen Westernsong trällerten, nebenbei die Schurken - die mit den schwarzen Hüten - besiegten und fast immer das Herz eines hübschen Mädchens gewannen. Ken Maynard war wohl der erste von ihnen, Gene Autry der meines Erachtens wichtigste, Dick Foran, Tex Ritter und so mancher andere ebenfalls beliebt und Roy Rogers, wurde gar als "König der Cowboys" beworben.
Wie üblich wurden die Filme mit Plakaten, Lobby Cards und weiteren Werbematerialien angepriesen. In Belgien kamen findige Verleihfirmen auf die Idee nicht für jeden einzelnen Film ein gesondertes Plakat zu entwerfen, sondern massiv mit dem auf dem Filmposter porträtierten Star und Zeilen wie "Le cowboy chantant" bzw. "De zingende Cowboy" zu werben, wobei oben, unten oder in einer Ecke des Filmposters Platz ausgespart wurde auf dem die Kinobesitzer die individuellen Filmtitel eintragen konnten. Das sparte natürlich Kosten. Als Besonderheit muss zudem erwähnt werden, dass belgische Plakate vielfach in zwei Sprachen bedruckt wurden und dass in Belgien flämische und wallonische Filmtitel üblich waren.
Melody Trail (1935)
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Dick Foran |
Song of Nevada (1944) |
Hinter dem flämischen Titel "De wet van de Prairie" verbirgt sich Gene Autrys Original "Melody Trail" von 1935. Oben groß der Name des Stars über die ganze Plakatbreite, darunter (Bildmitte) unser Held auf Champion sowie im unteren Drittel drei mit Gitarren ausgerüstete Schauspielerinnen und Schauspieler, wie es sich gehört mit weißer Kopfbedeckung, die den kundigen Zuschauern schon vorab mitteilte "das sind die Guten!" - Rechts unten ein rot unterlegtes Viereck mit eingedrucktem bzw. aufgeklebtem flämischen Filmtitel.
In "De Wet van de Prairie" sind Gene Autry (als er selbst), Smiley Burnette (Frog Millicent) und Ann Rutherford (Millicent) unter der Regie von Joseph Kane zu sehen.
"Der Radio- und Musikstar Autry und sein Freund Millhouse besuchen ein Rodeo, bei dem sich Gene in eine der Zuschauerinnen, Millicent Thomas, verliebt. Millicent, die von Matt Kirby, einem ehemaligen Rancharbeiter ihres Vaters, belästigt wird, ist begeistert, als Gene für die Menge singt und Matt später bei einem Wettbewerb mit einem Cowboy besiegt.
In dieser Nacht, während Gene von Millicent träumt, werden seine 1.000 Dollar Rodeo-Gewinne von einem Zigeuner namens Frantz, dem Ehemann einer Wahrsagerin namens Perdita, gestohlen. Am nächsten Tag, als Millicent mit ihrem Vater in die Stadt fährt, macht der Rancher Timothy Thomas mit Millicents Hund Souvenir (einem zwanghaften Dieb) einen Abstecher in das Zigeunerlager. Souvenir stiehlt einen Korb mit Frantz' und Perditas kleiner Tochter Rica. Millicent entdeckt das Kind später und nimmt es bei sich auf, ohne zu wissen, wer seine Eltern sind. Frog und Gene, die als Köche auf der Thomas-Ranch arbeiten, nehmen an, dass es Millicents Baby ist.
Unter dem Namen „Arizona“ fängt Gene zwei wilde Hengste ein, um Millicent und die Cowgirls zu beeindrucken, die sie angeheuert hat, um Matt und die Männer zu ersetzen, die abgehauen sind. In der Zwischenzeit plant Matt, das Vieh der Thomas' zu stehlen. Während die Cowgirls in einem Teich baden, stiehlt Matt ihre Kleidung, um sie daran zu hindern, die Herde zu schützen.
Auf der Suche nach Baby Rica holt Frantz sie von Millicent zurück. Gene hält ihn für einen Entführer und verfolgt den Zigeuner, der ihm das gestohlene Geld zurückgibt, nachdem er erklärt hat, dass Rica seine Tochter ist. Später sieht Gene, wie Matt und seine Männer das Vieh stehlen, und nimmt alle, einschließlich Matt, im Alleingang fest. Nachdem Gene so die Ranch gerettet hat, werden er und Millicent sowie Frosch und Cuddles (eines der Cowgirls) in einer großen, musikalischen Zeremonie zusammen mit den anderen Cowboys und Mädchen getraut. Die Hochzeit wird jedoch unterbrochen, als alle feststellen, dass Souvenir alle ihre Eheringe gestohlen hat." (Plot lt. wikipedia - freie Übersetzung: KJR).
Über Gene Autry (1907-1998) und Smiley Burnette (1911-1967) muss hier nichts gesagt werden, Sie spielten in zahlreichen Singing Cowboy-Western zusammen. Melody Trail war der erste von vier Filmauftritten von Ann Rutherford als Gene Autrys Hauptdarstellerin. Therese Ann Rutherford wurde am 2. November 1917 geboren Nach "Melody Trail" wirkte Rutherford in drei weiteren Filmen von Gene Autry mit: "The Singing Vagabond" (1935), "Comin' Round the Mountain" (1936) und "Public Cowboy No. 1" (1937). - Sie verstarb am 11. Juni 2012.
Gesungen wird in "Melody Trail" genug:
- "Hold On Little Dogies Hold On" (Gene Autry) by Gene Autry
- "On the Melody Trail" (Smiley Burnette) by Gene Autry
- "Way Down on Bottom" (Gene Autry, Smiley Burnette) by Smiley Burnette
- "A Lone Cowboy on the Lone Prairie" (Gene Autry) by Gene Autry and the cowgirls
- "Western Lullaby" (Gene Autry) by Smiley Burnette, Gene Autry, and the cowgirls
- "My Neighbor Hates Music" (Gene Autry, Smiley Burnette) by Smiley Burnette
- "Where Will the Wedding Supper Be?" (Gene Autry, Smiley Burnette) by Gene Autry, the brides, grooms
Das Dick Foran-Plakat hat leider keinen Eintrag zu einem bestimmten Film, obwohl im oberen Teil genügend Platz ausgespart wurde. Vermutlich handelt es sich hier um ein unbeschriftetes Exemplar, welches nie in einem Kinoschaukasten ausgehängt wurde. "Le Cow boy chantant et son cheval" sind genau wie eine Gitarre und eine junge Dame auf dem Plakat zu sehen - damit sind auch hier die wichtigsten Grundbestandteilen eines Singing Cowboy-Westerns vertreten.
Dieck Foran (natürlich auf dem Plakat porträtiert) wurde 18. Juni 1910 in New Jersey geboren und verstarb am 10. August 1979 in Kalifornien. Ab 1935 stieg er für Warner Bros. in den Sattel, die nach den Erfolgen von Gene Autry bei der Republic gleichfalls auf den erfolgversprechenden Trend der Singing Cowboys setzten. "Moonlight on the Prairie" (1935) war der erste dieser Filme, die weibliche Hauptdarstellerin war Sheila Bromley. Bis 1937 entstanden 11 weitere Western, in denen Foran singen durfte, daneben trat er in diesen Jahren und auch später in zahlreichen weiteren Filmen auf. Eine kleine Übersicht der Western: "Treachery Rides The Range" (1936), "Trailin' West" (1936), "California Mail" (1936), "Song of the Saddle" (1936), "Guns of the Pecos" (1937), "Cherokee Strip" (1937), "Blazing Sixes" (1937), "Empty Holsters" (1937), "The Devil's Saddle Legion" (1937), "Land beyond the Law" (1937) und "Prairie Thunder" (1937),
Das dritte Plakat zeigt Roy Rogers, "Le Roi des Cow-boys / De Koning der Cow-boys" und verweist im handschriftlichen Titeleintrag auf den Film "Le Chant du Nevada" ("Song of Nevada", 1944). Man sieht ein großes Halbporträt des Hauptdarstellers im Outfit eines Glamour Cowboys / Rhinestone Cowboys (bunt besticktes und mit Strass-Steinen verziertes Hemd, weißer Hut), dazu unten links ein Reiter (erneut Roy) auf aufbäumendem Pferd.
"Le Chant du Nevada" wurde vom Routinier Joseph Kane inszeniert, neben Roy Rogers (1911-1998) war Dale Evans (1912-2001) - sie waren damals noch nicht verheiratet - als Hauptdarstellerin zu sehen und die Sons of the Pioneers durften ihre Sangeskünste unter Beweis stellen.
Zur Handlung :"Ein Mädchen aus dem Westen zieht in den Osten und tritt als Nachtclubsängerin auf, sie wird von ihrem versnobten Verlobten schlecht beeinflusst. Sie kehrt zurück, um die Ranch ihres verstorbenen Vaters zu verkaufen. Der Vater ist jedoch nicht wirklich tot; er hofft, dass sein Freund, der Trailboss Roy Rogers dem Mädchen die westlichen Werte erneut bewusst machen sowie das Leben im Westen wieder schmackhaft machen kann (Plot: lt. IMDB).
Zahlreiche Songs lockern die Handlung auf und beweisen, warum Roy Rogers einer der beliebtesten Stars dieses Subgenres des Western war:
- "It's Love, Love, Love" (written by Mack David, Joan Whitney and Alex Kramer)
- "New Moon Over Nevada" (written by Ken Carson)
- "A Cowboy Has to Yodel in the Morning" (written by Ken Carson)
- "Hi Ho Little Dogies" (written by Glenn Spencer)
- "The Wigwam Song" (written by Glenn Spencer)
- "Nevada" (written by Charles Henderson)
- "What Are We Going to Do?" (written by Charles Henderson)
- "Harum Scarum Baron of the Harmonium" (written by Charles Henderson)
- "And Her Golden Hair Was Hanging Down Her Back" (written by Felix McGlennon and Monroe Rosenfeld)
- "Scrub Scrub" (written by Smiley Burnette)
Viele der eingängigen, melodiösen und gut gesungenen Lieder aus dem Bereich Western sind auf CD bzw. auf LP (antiquarisch) erhältlich. Etliche Filme des Genres finden sich kostenfrei zugänglich bei YouTube (URL: https://www.youtube.com).
Weiterführende Literatur:
- David Rothel: The Singing Cowboys. - New Brunswick, N.J.: A. S. Barnes 1978
- Douglas B. Green: Singing in the Saddle. The History of the Singing Cowboy. - Nashville: The Country Music Press &Vanderbilt University Press 2002 (Hardcover); 2005 (Paperback).
Hinweis: Der Beitrag ist in gedruckter Form auch im gerade neu erschienenen Country & Western Journal 2025 zu finden, S. 34-37 [Country & Western Journal 2025 (Band 14), hrsg. von Country Ideals, Rainer H. Schmeissner. Regensburg 2025]