Sonntag, 19. Januar 2025

All die langen Jahre (Bill Pronzini)


All die langen Jahre

von Bill Pronzini


(Orig.: "All The Long Years", 1988; Übers.: Reinhard Windeler)


William John Pronzini (Jahrgang 1943) ist vorwiegend als Krimiautor und Herausgeber von Anthologien bekannt. Zusammen mit Martin H. Greenberg edierte er dabei auch eine Vielzahl von Sammlungen von Western-Stories, von denen es aber nur eine einzige zu einer deutschen Ausgabe brachte (Heyne-Taschenbuch # 2746: Bis zum letzten Mann; 1986). Während es zumindest von einigen seiner Kriminalromane deutschsprachige Versionen gibt, sind im Western-Genre keine Romane von ihm und – soweit ersichtlich – nur zwei seiner eigenen Kurzgeschichten auf Deutsch erschienen – und das vor mehr als vierzig Jahren. Die hier präsentierte Story belegt eindrucksvoll, dass der Autor hierzulande Besseres verdient gehabt hätte. Als der britische Historiker Jon E. Lewis im Jahre 2013 eine Liste der seiner Meinung nach 100 besten Western-Kurzgeschichten aller Zeiten veröffentlichte, war sie verdientermaßen dabei. 


_________________________


 Ich schnappte ihn am zweiten Tag kurz nach Mittag am westlichen Rand meines Weidelandes in der Nähe vom Little Creek. 

Er war allerdings kein sonderlich begabter Viehdieb. Er war am helllichten Tag auf mein Land gekommen, rotzfrech, anstatt die Kühe nachts wegzutreiben und sie dann irgendwo anders zu bränden. Und er hatte sein Feuer in einer flachen Senke entzündet, als ob das den Rauch daran hindern würde, in die Höhe zu steigen und davon zu ziehen. Außerdem konnte man das Brüllen der Rinder von Weitem hören. 

Ich pflockte mein Pferd bei einem Gestrüpp an, schlich mich an den Rand der Senke und hockte mich hinter einen Traubenkirschbaum, um ihn zu beobachten. Ich wünschte, er wäre ein Fremder gewesen oder einer der Kleinrancher von jenseits des Knob. Aber man bekommt in diesem Leben nicht immer, was man sich wünscht – zur Hölle, nein, das bekommt man nicht, und dieses Mal war keine Ausnahme. Er war kein Herumtreiber, und er war kein Kleinrancher. Er war genau der, den ich für den Brandzeichenfälscher gehalten hatte: der junge Cal Dennison. 

Er hatte ein Fälschereisen zum Erhitzen im Feuer, hockte daneben und rauchte eine Zigarette, während er wartete. In der Nähe standen ein mageres, orangebraunes Rinderpony und zwei meiner Four-Dot-Kühe, denen er mit kurzen Schnüren die Beine zusammengebunden hatte. Beide Kühe waren junge gescheckte Färsen, gutes Zuchtvieh. 

AI generated illustration, modified by KJR

Die Spitze des Stabeisens begann sich rot zu färben. Cal Dennison drehte es einmal, rauchte zu Ende und machte sich daran, eine der Färsen nahe zum Feuer zu ziehen. Als er sich mit dem Eisen an die Arbeit machte, wandte er mir den Rücken zu. Der scharfe Geruch von versengtem Haar wehte mit der warmen Nachmittagsbrise herauf. 

Ich erhob mich und zog meinen Colt-Sechsschüsser. Links von mir gab es einen bequemen Weg in die Senke. Ich ging dorthin und machte mich langsam und vorsichtig auf den Weg nach unten. Das Brüllen der Färsen übertönte jedes Geräusch, das ich machte. Ich blieb ein Dutzend Schritte seitlich hinter ihm stehen, nahe genug, um zu sehen, dass er fast damit fertig war, aus den vier Tüpfeln meines Brandzeichens einen dicken Balken zu machen. Wenn ich ihm genug Zeit ließe, würde er über dem Balken ein D einbrennen, so wie er es im Laufe der letzten Woche oder so bei anderen meiner Kühe getan hatte. Dann würde er sich um die andere Färse kümmern und anschließend beide auf die D-Bar-Weide treiben, die sich auf der anderen Seite des Little Creek neben meiner befand. D-Bar war Lyle Dennisons Brandzeichen. 

Aber ich ließ ihm nicht genug Zeit. Ich spannte den Hahn des Colts und sagte schnell und laut: „Hab’ ich dich erwischt, Junge. Bleib’ ruhig da stehen, wo du bist.“ 

Er musste das Klicken des Hammers gehört haben, denn während ich noch die Worte aussprach, war er bereits in Bewegung. Gewandt wie eine Katze machte er eine vollständige Körperdrehung, mit einem Ausdruck wilder Überraschung in seinem Gesicht. 

„Ich sagte ‚Stehenbleiben’! Willst du sterben, Junge?“ 

Der Anblick des Colt und der Tonfall meiner Stimme, vielleicht sogar allein die Worte, ließen ihn schließlich auf einem Bein knieend erstarren, immer noch mit dem Stabeisen in der Hand. Ich hätte ihm alle Kugeln in meinem Sechsschüsser in den Leib jagen können, bevor er das Eisen hätte fallenlassen und seine eigene Pistole ziehen können, und das wusste er. Ich beobachtete, wie er mit der Zunge seine Lippen befeuchtete und sich wieder fasste, beobachtete, wie sich die Wildheit in einen Ausdruck mürrischen Trotzes verwandelte. 

„Bennett“, sagte er in einer Art, wie die meisten Männer „Pferdekacke“ sagen würden. 

„Leg’ das Eisen hin. Vorsichtig.“ 

Er tat es. 

„Jetzt deinen Revolver, noch vorsichtiger. Mit nur zwei Fingern.“ 

Auch das tat er. 

„Binde die Färse los. Und danach die andere.“ 

Er brauchte ungefähr eine Minute, bis er die Schnüre von den Beinen der ersten Färse gelöst hatte. Sie rappelte sich auf und trottete, immer noch brüllend, die Senke hinunter. Er schaffte es schneller, die zweite Kuh loszubinden, und während diese davon lief, stand er mit hochgezogener Hüfte da und starrte mich böse an. Ich hatte ihn ein paar Mal in Cricklewood gesehen, aber die Dennisons und die Bennetts hatten in den letzten zwanzig Jahren Abstand voneinander gehalten; dies war das erste Mal, dass ich mir den Jungen aus der Nähe ansehen konnte. Er musste jetzt gut neunzehn sein. Groß und sehnig und mit heller Haut – das Ebenbild seiner Mutter, dachte ich. Dieselben hellbraunen Locken, dieselben dunklen, rauchgrauen Augen und dieselbe stolze Haltung.

Wie lange war Ellen Dennison schon tot? Zehn Jahre? Elf? Es ist schon komisch, wie die Zeit das Gefühl dafür, wie sie vergeht, verzerrt, wie einzelne Jahre in all der langen Zeit verschwimmen und sich vermischen, bis man sie nicht mehr auseinander halten kann. 

„So!“ sagte der junge Cal. „Und jetzt?“ 

Ich gab ihm keine Antwort. Stattdessen ging ich zu der Stelle neben dem Feuer, wo er gewesen war, und beförderte seinen Revolver, einen alten Allen & Wheelock Navy Kaliber .36, mit einem Fußtritt zwischen die Zweige eines Wildrosenstrauchs. 

Wütend sagte er: „Warum haben Sie das gemacht? Er wird von den Dornen ganz verkratzt.“ 

„Du wirst ihn nicht noch einmal benutzen.“ 

„Wollen Sie mich erschießen, Bennett?“ 

„Für dich ‚Mister Bennett‘.“ 

„Fahren Sie zur Hölle, Mister Bennett.“ 

„Wenn das hier vor zwanzig Jahren gewesen wäre … dann hätte ich dich schon längst erschossen.“ 

„Tja, es ist aber nicht vor zwanzig Jahren.“ 

„Für Viehdiebstahl kann man in diesem Bezirk immer noch gehängt werden.“ 

„Davor habe ich keine Angst. Und vor Ihnen auch nicht, Mister Bennett.“

„Dann bist du nicht nur in einer Hinsicht ein verdammter Narr.“ 

Er versuchte, seinen Mund zu einem höhnischen Grinsen zu verziehen, aber es gelang ihm nicht wirklich. Er war nicht annähernd so hart oder furchtlos, wie er den Eindruck zu erwecken versuchte. Sein Blick löste sich von mir und wanderte hinauf zum Rand der Senke. 

„Wo ist der Rest Ihrer Leute?“ 

„Es gibt nur mich. Ich brauche keine Leute, um einen Anfänger aufzuspüren. Ich habe nur anderthalb Tage gebraucht.“ 

Dazu fiel ihm kein flotter Spruch ein. Ich fragte: „Wie viele von meinen Kühen hast du umgebrändet?“ 

„So gottverdammt schlau, wie Sie sind, finden Sie es selbst heraus.“ 

„Meine Reiter sagen, mindestens ein halbes Dutzend.“ 

„Zweitausend“, sagte er trotzig. 

„Also gut. Weiß dein Pa, was du hier machst?“ 

„… Nein.“ 

„Habe ich auch nicht gedacht. Was auch immer Lyle Dennison sonst noch ist, jedenfalls ist er keiner, der Brandzeichen fälscht, und kein Viehdieb.“ 

„Ich werde Ihnen sagen, was er ist“, sagte der Junge. „Er ist doppelt so viel wert wie Sie.“ 

„Das mag sein. Aber du bist nicht halb so viel wert, wie einer von uns beiden jemals gewesen ist.“ 

Das ließ seine Wut wieder auflodern. „Sie haben dreitausend Morgen Land gestohlen, die ihm gehörten! Sie haben ihn zu einem heruntergekommenen Kleinrancher gemacht!“ 

„Nein. Das Land gehörte mir. Das Bezirksgericht hat in öffentlicher Sitzung so entschieden…“ 

„Sie haben diesen Richter gekauft! Sie haben ihn bestochen! Das war schon immer Ihre Art, Mister Bennett. Sie holen sich, was Sie wollen, egal wie … lügen, stehlen und betrügen, um es zu kriegen. Ist doch so, oder nicht?“ 

Mir lag noch eine Lüge auf der Zunge, aber sie schmeckte bitter, und ich verkniff sie mir. Was wusste er schon darüber, wie es früher war, ein junger Bursche wie er? Diese dreitausend Morgen gehörten mir durch das Recht des Erstbesitzes; meine Rinder befanden sich auf freier Weide, bevor Lyle Dennison und andere wie er in diesem Tal auftauchten. Ein Mann muss für das kämpfen, was ihm gehört, auch wenn er dafür schmutzige Tricks anwenden muss. Wenn er das nicht tut, verliert er es – und wenn es einmal weg ist, bekommt er es nie wieder zurück. Es ist dann für immer verloren.

„Darum geht es also bei dieser Sache mit dem Umbränden?“ fragte ich ihn. „Etwas, das vor zwanzig Jahren zwischen deinem Vater und mir passiert ist?“ 

„Verdammt richtig, genau darum geht es. So wie ich das sehe, habe ich genauso viel Recht, Ihr Vieh zu stehlen, wie Sie es hatten, das Land meines Vaters zu stehlen.“ 

„Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit, Junge. Länger als du auf dieser Erde bist.“ 

„Das ändert nichts daran, wie es war. Pa hat nie etwas dagegen unternommen… er hat einfach aufgegeben. Aber ich nicht. Es ist jetzt mein Kampf, und ich gebe nicht auf, bis er entschieden ist, so oder so.“ 

„Warum ist es jetzt dein Kampf?“ 

„Weil es so ist.“ 

„Ist deinem Pa ’was zugestoßen?“ 

„Das geht Sie nichts an.“ 

„Jetzt geht es mich etwas an. Er ist doch nicht gestorben, oder?“ 

„So gut wie.“ 

„Also krank? Todkrank?“ 

Der Junge schwieg eine Zeit lang. Aber ich konnte sehen, wie sie an ihm nagten, der Schmerz, die Wut und der Hass; er musste sie herauslassen oder daran zerbrechen. Als er sie herausließ, schleuderte er mir die Worte entgegen, als wären sie Messer. „Letzte Woche hatte er einen Schlaganfall. Hat ihn gelähmt. Er kann sich kaum bewegen, kaum sprechen, liegt nur da in seinem Bett. Sind Sie jetzt zufrieden? Macht Sie das glücklich?“ 

„Nein, Junge, das tut es nicht. Es tut mir leid.“ 

„Leid? Herrgott … es tut Ihnen leid! Sie Hurensohn …“ 

„Das reicht. Hol’ dein Pferd.“ 

„Was?“ 

„Hol’ dein Pferd. Bring’ es dahin, wo meins angepflockt ist.“ 

„Bringen Sie mich in die Stadt?“ 

„Wir reiten zur D-Bar. Ich will deinen Pa sehen.“ 

„Nein!“ 

„Da hast du nicht mitzureden. Tu, was ich dir gesagt habe.“ 

„Warum? Wollen Sie ihm das hier erzählen?“ 

„Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“ 

„Wenn Sie das tun, wird es ihn umbringen.“ 

„Daran hättest du denken sollen, bevor du mit diesem Fälschereisen auf mein Land gekommen bist.“ 

„Ich gehe nicht mit.“ 

„Du wirst mitgehen“, sagte ich. „Entweder sitzt du dabei in deinem Sattel oder du bist darüber festgebunden mit einer Kugel im Bein, so oder so.“ 

Er rührte sich nicht, bis ich mit dem Colt vor ihm wedelte. Dann spuckte er heftig ins Gras, drehte sich um und stapfte hinüber zu der Stelle, wo der Orangebraune angepflockt war. Ich folgte ihm und dem Pferd bis zum Rand der Senke und versuchte mir darüber klar zu werden, wie ich auf die Idee gekommen war, dies zu tun. Es war nicht nur das Fälschen der Brandzeichen. Und es lag auch nicht daran, dass ich den Jungen vor Lyle demütigen oder Salz in alte Wunden streuen wollte. Es könnte sein, dass ich Lyle von dem Viehdiebstahl erzählen würde, aber wahrscheinlich eher nicht. Vielleicht war der Grund, dass Lyle Dennison und ich einmal Freunde gewesen waren und er jetzt krank war und wahrscheinlich im Sterben lag. Vielleicht musste dem jungen Cal eine Lektion erteilt werden. Oder vielleicht war es einfach so, dass ich ein verrücktes Bedürfnis verspürte, noch einmal Kontakt mit der Vergangenheit aufzunehmen. 

Ein Mann weiß nicht immer, warum er etwas tut. Er braucht es nicht zu wissen. Es ist einfach etwas, was er tun muss, also macht er es einfach. Damit muss es sein Bewenden haben. 

 *** 

Es war mitten am Nachmittag, als die Gebäude der D-Bar-Ranch in Sicht kamen. Sie waren in einer Mulde gruppiert, wo der Little Creek floss, während in der Ferne die finsteren, schneebedeckten Umrisse der Rocky Mountains aufragten. 

Nach so vielen Jahren hatte ich mit Veränderungen gerechnet, aber nicht mit solchen, die ich sah, als wir den Hügel über dem Bach erreicht hatten. Die Ranch wirkte heruntergekommen und verwittert, als würde dort niemand mehr leben. Lücken in den Wänden der Walmdachscheune, fehlende Stangen im Zaun des Corrals, ein Hühnerstall aus rostigem Draht, wo früher das Bunkhaus gestanden hatte. Das Haupthaus brauchte einen neuen Anstrich, neue Fassadenverkleidungen und ein neues Dach. Früher hatte es dort Blumenbeete und einen Gemüsegarten gegeben. Jetzt gab es hier und da ein paar vertrocknete Ranken und Büsche, wie verstreute Knochen auf einem Friedhof. 

Cal sagte: „Gefällt Ihnen, was Sie sehen, Mister Bennett?“, und mir wurde klar, dass er mich beobachtet hatte, wie ich alles in mich aufnahm. Es war das erste Mal, dass er sprach, seit wir mein Land verlassen hatten.

„Warum haben du und dein Pa die Sachen nicht in Ordnung gehalten?“

„Warum? Warum, zum Teufel, denken Sie? Er ist alt, und ich habe nur zwei Hände, und der Tag hat nur vierundzwanzig Stunden.“ 

„Arbeitet keiner für euch?“ 

„Nicht seit die meisten unserer Kühe vor zwei Jahren an Milzbrand eingegangen sind.“ 

„Durch Milzbrand habe ich auch ein paar von meinen Kühen verloren“, sagte ich. 

„Sicher. Aber dann sind Sie gleich losgegangen und haben ein paar neue gekauft, oder nicht?“ 

Den Rest des Weges ritten wir in erneutem Schweigen. Der Junge beugte sich hinunter und zog den Holzriegel hoch, der das durchhängende Tor verschlossen hielt, und wir setzten unseren Weg über den Hof fort. Sogar das Gras, das hier wuchs, sogar die großen schattenspendenden Pappeln hinter dem Haus und die Weiden entlang des Baches wirkten staubig und leblos. 

An dem Holm vor dem Haus zogen wir die Zügel an und saßen ab. Dann sagte ich: „Ich werde allein mit ihm reden.“ 

„Den Teufel werden Sie! Wenn Sie da reinspazieren, als ob Ihnen das Haus gehört, kriegt er noch einen Schlaganfall …“ 

„Da hast du nicht mitzureden, Junge. Das habe ich dir doch gesagt.“ 

„Sie können nicht einfach bei ihm reinplatzen!“ 

„Ich werde mich vorher bemerkbar machen.“ 

„Was ist mit mir? Erwarten Sie, dass ich einfach hier stehe und auf Sie warte?“ 

„Das ist genau das, was ich erwarte. Du wirst nicht weglaufen. Und du wirst auch nicht versuchen, gegen mich zu kämpfen, nicht, wenn dein Pa da drinnen liegt.“ 

Unsere Blicke trafen und verhakten sich. In ihnen war so viel Hitze wie zwischen zwei wilden Stieren, die mit ihren Hörnern aufeinander losgehen. Aber ich war älter und härter und besaß außerdem einen Sechsschüsser, auch wenn er jetzt – wie schon die meiste Zeit während des Ritts – im Holster steckte. Cal wusste das genauso gut wie ich. Das war der Grund, weshalb er es war, der zuerst wegsah. Er hasste sich selbst dafür und mich umso mehr, weil ich es länger ausgehalten hatte als er. 

Er sagte mit belegter Stimme: „Werden Sie es ihm sagen? 

„Ich habe mich noch nicht entschieden.“ 

„Er wird Sie einen Lügner nennen, wenn Sie es tun.“ 

Ich sagte: „Bleib’ hier stehen, wo du mich hören kannst, wenn ich dich rufe“, und ging die Stufen hinauf zur Fliegengittertür. Er versuchte nicht, mir zu folgen. Als ich mich umdrehte, um einen Blick auf ihn zu werfen, stand er wie festgewachsen an genau derselben Stelle, und der Hass leuchtete aus seinen Augen wie Lichtstrahlen aus einer roten Laterne. 

 Ich öffnete die Fliegengittertür – die Innentür war bereits offen – und rief: „Lyle? Hier ist Sam Bennett. Ich möchte mir dir reden.“ 

Keine Antwort. 

„Melde dich, wenn du etwas dagegen hast, dass ich reinkomme.“ 

Immer noch keine Antwort. 

Ich ging hinein und ließ die Fliegengittertür hinter mir zufallen. Die Wärme des Tages lag schwer im Wohnzimmer. Und Staub auch – eine dünne Schicht davon auf dem Boden und auf den alten, abgenutzten Möbeln. Ellen Dennison war eine ordentliche, saubere Frau gewesen; sie hätte dafür gesorgt, dass das Haus ebenso gewesen wäre. Aber sie war schon lange nicht mehr da. Seit zehn oder elf Jahren gab es nur noch Lyle und den Jungen.

„Lyle?“ 

Die Wände schienen meine Stimme zurückzuwerfen. Ich ging durch den Raum in einen Flur, von dem drei Türen abgingen. Er war hinter der letzten von ihnen, im hinteren Schlafzimmer. Er lag in einem Himmelbett, eine alte Flickendecke war über ihm ausgebreitet. Seine Augen waren weit geöffnet. Mit einem einzigen Blick zu ihnen wusste ich, dass er tot war.

Eine dünne Hand mit sichtbaren Adern lag mit der Handfläche nach oben auf dem Quilt. Ich ging hinüber und berührte sie, und sie war kühl und steif. Die Steifheit war auch seinem Gesicht und seinem Körper anzusehen. Er war schon eine Weile tot, seit irgendwann an diesem Vormittag. 

Eine Zeit lang stand ich da und blickte auf ihn herab. Wir waren gleich alt, sechsundvierzig, aber die Jahre hatten bei ihm verheerend gewirkt, während sie an mir nur ein wenig genagt hatten. Sein Haar war dünn und grauweiß, die Falten in seinem Gesicht waren so tief wie Risse in sonnengetrocknetem Schlamm, und seine Hände waren die eines Mannes in den Sechzigern. Für ihn war der Tod wie eine Gnade gekommen. 

Eine Traurigkeit machte sich in mir breit, als ich ihn so aus der Nähe sah, gerade erst verstorben. Ich hatte Lyle Dennison nie gehasst. Er war einmal mein Freund gewesen, und dann war er mein Feind gewesen, aber ich hatte ihn nie gehasst oder auch nur eine besondere Abneigung gegen ihn gehabt. Nach dem Rechtsstreit vor Gericht hatte ich kaum noch an ihn gedacht. Zum Teufel, warum hätte ich es tun sollen? Ich hatte mir die dreitausend Morgen gesichert, und darum ging es. Land, Geld und Macht waren die einzigen Dinge, auf die es ankam. 

Das war meine Denkweise damals und auch während der meisten Zeit meines Lebens. Jetzt dachte ich allerdings nicht mehr so. 

Ich beugte mich hinab und schloss Lyles Augen. Dann ging ich durch das Haus zurück und hinaus auf die Veranda. Cal stand dort, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Das Einzige, was er getan hatte, war, dass er seine Utensilien herausgeholt und sich eine Zigarette gedreht hatte. 

Mit ihr im Mund sagte er: „Das war ja ein kurzes Gespräch.“ 

„Er ist tot, Cal“, sagte ich. 

„Was?“ 

„Dein Pa ist tot. So wie es aussieht, ist er irgendwann heute Vormittag gestorben.“ 

„Sie sind ein gottverdammter Lügner!“ 

„Geh’ rein und überzeuge dich selbst.“ 

Die Zigarette fiel ihm aus dem Mund, berührte die Vorderseite seines Hickory-Hemdes und sprühte auf dem Weg zum Boden Funken. Er bemerkte es nicht. Sein Gesicht war blutleer geworden. „Sie haben ihm von mir erzählt. Sie haben es ihm erzählt, und er hatte wieder einen Schlaganfall …“ 

„Er hatte wieder einen Schlaganfall, das stimmt wohl. Aber er ist schon ein paar Stunden tot. Geh’ schon, Junge. Überzeuge dich selbst.“ 

Er lief zu den Stufen. Ich trat zur Seite, als er hinauf rannte, die Fliegengittertür aufriss und hineinstürmte. Als die Tür wieder zu schlug, ging ich zum Zügelholm hinunter und drehte mir selbst eine Zigarette. Aber sie schmeckte scheußlich, als würde ich Schwefelrauch einatmen. Nach zwei Zügen warf ich sie weg. Dann stand ich einfach da und beobachtete einen Falken, der über den Pappeln am Bach schwebte, und wartete. 

Fast zehn Minuten vergingen, bis Cal wieder herauskam. Inzwischen hatte er sich wieder im Griff, wahrscheinlich, damit ich nicht sah, wie sehr er trauerte. Er kam zu mir herunter und sah mich eine Weile an. Der Hass, der sich jetzt in seinen Augen angestaut hatte, schwelte. 

Er sagte: „Etwas möchte ich wissen.“ 

„Dann frag’.“ 

„Wenn er noch am Leben gewesen wäre, hätten Sie es ihm gesagt?“ 

„Nein“, sagte ich. 

„Wieso?“ 

„Es ist eine Sache zwischen dir und mir. Das hast du selbst gesagt, vorhin in der Senke.“ Er schien zu verstehen oder glaubte es zumindest. Er nickte einmal. „Ich mache mich jetzt auf den Weg in die Stadt und rede mit dem Pfarrer und dem Bestatter. Sie können Sheriff Gaiters sagen, dass ich bei dem einen oder dem anderen sein werde, wenn er mich sucht.“ 

„Wie kommst du darauf, dass ich mit Sheriff Gaiters reden werde?“ 

Das überraschte ihn etwas. „Heißt das, Sie werden es nicht tun?“ 

„Dieses Mal nicht. Aber du hältst dich von jetzt an von meinem Land fern. Wenn ich dich dort noch einmal erwische oder wenn ich entdecke, dass es weitere Umbrändungen gibt, wirst du dafür bezahlen, und zwar teuer. Hast du mich verstanden?“ 

„Ich hab’ Sie verstanden“, sagte er. 

„Aber Sie sollten besser auch etwas verstehen, Mister Bennett. Das ändert nichts. Überhaupt nichts.“ 

„Das hatte ich auch nicht erwartet.“ 

„Nur damit Sie es wissen. Ich bin nicht der Sohn meines Vaters. Ich werde nicht aufgeben wie er, egal, was Sie sagen oder tun.“ 

Er machte auf dem Absatz kehrt und ging zum Corralzaun hinüber. Dort stand er mit dem Rücken zu mir, blickte zu den Bergen, die sich scharf gegen den weiten Himmel über Montana abhoben, und wartete darauf, dass ich zuerst ging. 

Ich schwang mich in den Sattel und ließ das Pferd langsam über den Hof gehen. Cal drehte seinen Kopf und beobachtete mich. Und ich fragte mich wieder, ob ich auf ihn schießen könnte, sollte es jemals dazu kommen – ihn töten, wenn auch in Notwehr. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Man weiß nie, wozu man fähig ist, bis die Zeit kommt, eine Entscheidung zu treffen.

Ich fragte mich auch, ob seine Mutter Lyle jemals von ihr und mir erzählt hatte. Wie ich sie in ihrer Not sitzen gelassen hatte, weil ich damals noch wild war und nichts mit Heirat und Familie zu tun haben wollte. Wie ihre Entscheidung – die einzig vernünftige, die ihr blieb – darin bestanden hatte, ihren Stolz beiseite zu schieben und direkt zu einem anderen Mann zu gehen, der bereit war, sie zu heiraten. Nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte, wenn sie es Lyle erzählt hatte, denn keiner von beiden hatte es dem Jungen jemals erzählt. Und ich würde es auch nicht tun, egal, was zwischen Cal und mir noch passieren würde. Er trug ohnehin schon genug Hass mit sich herum. 
 
,Ich bin nicht der Sohn meines Vaters‘, hatte der Junge gesagt. Aber Gott steh’ ihm bei, das war er. In jeder Hinsicht, die zählte, war er genau wie sein Vater. 

Wenn ein Mann nicht für das kämpft, was ihm gehört, verliert er es. Und wenn es einmal weg ist, wird er es in all den langen, trüben Jahren nie wieder zurückbekommen. Es ist für immer verloren … 

 © für die deutsche Übersetzung: Reinhard Windeler, 2025

Samstag, 18. Januar 2025

COMIC - Bill der rote Reiter

Bill der rote Reiter 

Eigenständige Western-Comicreihen erscheinen in Deutschland seit den 1950er Jahren, zunächst in Heftform (Piccolo, Grossband), das heute zumeist übliche Albenform setzte sich erst langsam seit den 1970er Jahren durch. Viele ältere Serien wurden teils in umgestalteter Form nachgedruckt. Beim AKWA Journal werden einzelne Serien im Abschnitt CoAmWe - Comics of the American West vorgestellt.








Titel:[Der Serientitel wechselte wie folgt:]
Bill der rote Reiter (1 - 12)
Sergeant Bill (13 - 33)
Sergeant Bill / Jim der Cowboy (34 - 56)
Bill der Grenzreiter / Jim der Cowboy (57 - 67)
Verlag:Walter Lehning Verlag, Hannover
Norbert Hethke Verlag, Schönau (Reprint)
Originaltitel | Text/Zeichn.:Il Cavaliere Del Nord / Antonio Chiomenti (Text) und Enzo (eigtl. Vincenzo) Chiomenti
Veröffentlichungszeitraum: 1960 - 1962
1993 - 1996 (Reprint)
Format: Heft (Grossband)

Notiz: Zahlreiche Titelillustrationen von Hansrudi Wäscher. - Im Mittelpunkt der Handlung von Bill der rote Reiter stehen die Abenteuer eines kanadischen Mounties (RCMP), die zumindest zum Teil vor dem Hintergrund des 20. Jahrhunderts spielen. Die Zweitserie (in den späteren Heften) Jim der Cowboy stammt gleichfalls aus Italien, als Zeichner wird Gino Cossio genannt. Vermutlich handelt es sich beim Zeichner in Wirklichkeit aber um Carlo Cossio, die Serie dürfte dann wohl Kansas Kid gewesen sein. - Weitere Informationen zur Serie, sowie Einzeltitelaufnahmen ausgewählter Hefte (https://western-periodikac.blogspot.com)




Titelverzeichnis:
  1. [ohne Covertitel]
  2. Die Nacht in der Höhle
  3. Larry findet eine Spur
  4. Eine Bande wird aufgestöbert
  5. Der Mann mit der Narbe
  6. Nächtlicher Überfall
  7. Ein Zwischenfall
  8. Die richtige Spur
  9. Verbrecherjagd im Express
  10. Eine Herde verschwindet
  11. Flucht ins Gebirge
  12. Eine Falle
  13. Spur des Todes
  14. Gefährliche Begegnung
  15. Unerwünschter Besuch
  16. Die Lawine
  17. Überlistet
  18. Der Wald brennt
  19. Der Überfall
  20. Ertappt!
  21. Von Feinden umringt
  22. Den Banditen auf der Spur
  23. Das Blockhaus am Black River
  24. Kampf im Land der Schwarzfuss-Indianer
  25. 1000 Dollar oder Tod!
  26. Abgestürzt
  27. Verfolgung bei Nacht
  28. "Morgenröte" in Gefahr
  29. Verrat!
  30. In die Tiefe gerissen
  31. Am Fluss aufgelauert
  32. Unfreiwilliger Flug
  33. Bandentreffpunkt "Blauer Engel"
  34. Angeschossen / In letzter Minute
  35. Rettung in letter Minute / Angriff auf die Goldmine
  36. Auf falscher Spur / Tödliche Drohung
  37. In der Bärenhöhle / Überführt!
  38. Botschaft von Yuma / In schwerem Verdacht
  39. Schüsse im Wald / Der Beweis in der Hütte
  40. Zweikampf an der Steilwand / Zwei in einer Zelle
  41. Erste Nachforschungen / Wieder eingefangen
  42. Eine aufschlussreiche Entdeckung / In die Enge getrieben
  43. Unterschlupf der Diamantenräuber / Gier nach Gold
  44. Das schwarze Totem / Vor der Tür des Sheriffs
  45. Gerammt! / Schuldig oder unschuldig?
  46. Der versunkene Schatz / Das Gesetz des Stricks
  47. Vom Hochwasser überrascht / Ein Beutel voll Sand
  48. Rettender Ungehorsam / Walt Jenkins ist gefährlich
  49. Von Black getäuscht / Verspielt!
  50. Zwischenfall beim Fischen / Eine "Boxschule" wird eröffnet
  51. Unter dem Wehr / Der Kampf geht im Dunkeln weiter
  52. Fliegende Untertassen / Geständnis aus Angst
  53. Gangster im Frack / Entscheidung im Ring
  54. Das enthüllte Geheimnis / Im Heu versteckt
  55. Die Weissagung / Die verlassene Ranch
  56. Die Feuerfalle / Gestörte Nachtruhe
  57. Gefährlicher Auftrag / Jeff Baxters Sohn?
  58. Der unheimliche Mestize / Sie kamen aus Arizona
  59. Die Todesgrube / Der Plan
  60. Schrecken im Schacht / Überfall in Odgen City
  61. Die Doppelgängerin / Beute des "Weissen Adlers"
  62. Die Brücke von St. Martin / Traurige Gewissheit
  63. Das Geheimnis / Verschleppt!
  64. Gefährliche Expedition / Flucht in die Nacht
  65. Doppeltes Spiel / Kampf am Abgrund
  66. Das lebende Ziel / Vereitelte Hochzeit
  67. Von Gangstern gefangen / Einen Strick für den Sheriff

Mittwoch, 15. Januar 2025

g2-01

DER GATLING GUN-MYTHOS 
The Death-Dealing Machine That Never Won the West 
But Still Exist as Today’s Multi-Barrel Weapons System 
von MICHAEL STEMMER 

 Open Fire! 
Buchcover: Hughes (2000)
 (…) and a tower built over the humped shape of the water cistern, with a Gatling gun mounted there which could sweep the interior of the prison and two of the walls, as well as the gateway, with soft-nosed .45/70 slugs at the rate of 350 per minute.”
— Gordon D. Shirreffs, Judas Gun, zitiert nach: Gold Medal Book k1476, Chapter Three (dt.: „Lohn der Hölle”)

Michael Stemmer informiert in seinem umfassenden Beitrag ausführlich über die Gatling Gun. Gegliedert in drei Hauptabschnitte, zunächst einmal einen allgemein gehaltenen Teil, gefolgt dann von selektiven Filmografien sowie einer Auswahlbibliografie. Für die Webfassung habe ich folgende Aufteilung vorgenommen (K. J. Roth)  


Gatling Gun per definitionem ~ Gatling Gun und ihr Erfinder ~ Vorgang in der Gatling Gun beim Schuß ~ Ladeeinrichtung der Gatling Gun ~ Gatling Gun und der Sezessionskrieg ~ Gatling Gun in Good ol‘ Germany ~ Gatling Gun „Made in Russia“ ~ Gatling Gun contra Bisons ~ Gatling Gun am Großen Fluß ~ Gatling Gun im Genozid ~ Gatling Gun vs. Hotchkiss Gun ~ Gatling Gun im Krisenherd Kanada ~ Gatling Gun landet auf Kuba ~ Feuerpause für die Gatling Gun ~ Gatling auf hoher See ~ Gatling is back! ~ Gatling Gun im Wildwestroman ~ Gatling Gun aus Gummi ~ Gatling Gun ertönt im Radio ~ Sound der Gatling Gun ~ Gatling Gun als Kultgegenstand ~ Fabrikzeichen der Gatling Gun ~ Gatling Gun im Modell ~ Gatling Gun und ihr Resümee ~ Ein letztes Wort zur Gatling Gun ~~ Teil 2: Filmografie  ~ Teil 3: Bibliografien 


Work in Progress - Part 2 and part 3 coming soon!

WEITER 🔝

g1-25

DER GATLING GUN-MYTHOS 
The Death-Dealing Machine That Never Won the West 
But Still Exist as Today’s Multi-Barrel Weapons System 
von MICHAEL STEMMER 

 Open Fire! 
Buchcover: Hughes (2000)
 (…) and a tower built over the humped shape of the water cistern, with a Gatling gun mounted there which could sweep the interior of the prison and two of the walls, as well as the gateway, with soft-nosed .45/70 slugs at the rate of 350 per minute.”
— Gordon D. Shirreffs, Judas Gun, zitiert nach: Gold Medal Book k1476, Chapter Three (dt.: „Lohn der Hölle”)

Michael Stemmer informiert in seinem umfassenden Beitrag ausführlich über die Gatling Gun. Gegliedert in drei Hauptabschnitte, zunächst einmal einen allgemein gehaltenen Teil, gefolgt dann von selektiven Filmografien sowie einer Auswahlbibliografie. Für die Webfassung habe ich folgende Aufteilung vorgenommen (K. J. Roth)  


Gatling Gun per definitionem ~ Gatling Gun und ihr Erfinder ~ Vorgang in der Gatling Gun beim Schuß ~ Ladeeinrichtung der Gatling Gun ~ Gatling Gun und der Sezessionskrieg ~ Gatling Gun in Good ol‘ Germany ~ Gatling Gun „Made in Russia“ ~ Gatling Gun contra Bisons ~ Gatling Gun am Großen Fluß ~ Gatling Gun im Genozid ~ Gatling Gun vs. Hotchkiss Gun ~ Gatling Gun im Krisenherd Kanada ~ Gatling Gun landet auf Kuba ~ Feuerpause für die Gatling Gun ~ Gatling auf hoher See ~ Gatling is back! ~ Gatling Gun im Wildwestroman ~ Gatling Gun aus Gummi ~ Gatling Gun ertönt im Radio ~ Sound der Gatling Gun ~ Gatling Gun als Kultgegenstand ~ Fabrikzeichen der Gatling Gun ~ Gatling Gun im Modell ~ Gatling Gun und ihr Resümee ~ Ein letztes Wort zur Gatling Gun ~~ Teil 2: Filmografie  ~ Teil 3: Bibliografien 


Ein letztes Wort zur Gatling Gun 

Selbsttätige Waffen, basierend auf Dr. Gatlings wahrem ‘Meisterstück’, finden sich derzeit aufgrund ihrer ungeheuren Feuerrate beispielshalber als festinstallierte Bewaffnung im Bug des Abfangjägers Mikojan-Gurewitsch MiG-31 für die Luftverteidigung. Mit rein hypothetischem Verbrauch von 9, 000 bis 10,000 Sch/min. beim Einsatz der Granatpatrone Kal. 23×115 AM 23 mm, Zuführung mit und ohne Gurt, steht hierbei die sechsröhrige russische Maschinenkanone Grjasew-Schipunow GSch-6-23 unangefochten an erster Stelle. 

Was Wunder, daß derartige Konstruktionen nach dem Gatling-Prinzip erst recht ab Donnerstag, 24. Februar 2022, für das Geschäft des massenweisen Tötens im groß angelegten Russisch-Ukrainischen Angriffskrieg gegen das Brudervolk von den Konfliktparteien darauf warten, mobilisiert zu werden; sonderlich gegen Bodentruppen. 

Ihr Gegenstück, die einstrahlige F-16 Fighting Falcon aus US-amerikanischer Produktion, ist nebenbei bemerkt mit einer festinstallierten 20-mm-Gatling-Bordkanone vom Typ M61A1 „Vulcan“ und 511 Schuß Munition für den Luftkampf bestückt. 

Der Doktor läßt noch immer grüßen.

ENDE 

Abbildungsnachweis Die Fotos aller Geschütze stammen aus dem Archiv des Fotografen Michael Stemmer.

WEITER 🔝

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DER GATLING GUN-MYTHOS 
The Death-Dealing Machine That Never Won the West 
But Still Exist as Today’s Multi-Barrel Weapons System 
von MICHAEL STEMMER 

 Open Fire! 
Buchcover: Hughes (2000)
 (…) and a tower built over the humped shape of the water cistern, with a Gatling gun mounted there which could sweep the interior of the prison and two of the walls, as well as the gateway, with soft-nosed .45/70 slugs at the rate of 350 per minute.”
— Gordon D. Shirreffs, Judas Gun, zitiert nach: Gold Medal Book k1476, Chapter Three (dt.: „Lohn der Hölle”)

Michael Stemmer informiert in seinem umfassenden Beitrag ausführlich über die Gatling Gun. Gegliedert in drei Hauptabschnitte, zunächst einmal einen allgemein gehaltenen Teil, gefolgt dann von selektiven Filmografien sowie einer Auswahlbibliografie. Für die Webfassung habe ich folgende Aufteilung vorgenommen (K. J. Roth)  


Gatling Gun per definitionem ~ Gatling Gun und ihr Erfinder ~ Vorgang in der Gatling Gun beim Schuß ~ Ladeeinrichtung der Gatling Gun ~ Gatling Gun und der Sezessionskrieg ~ Gatling Gun in Good ol‘ Germany ~ Gatling Gun „Made in Russia“ ~ Gatling Gun contra Bisons ~ Gatling Gun am Großen Fluß ~ Gatling Gun im Genozid ~ Gatling Gun vs. Hotchkiss Gun ~ Gatling Gun im Krisenherd Kanada ~ Gatling Gun landet auf Kuba ~ Feuerpause für die Gatling Gun ~ Gatling auf hoher See ~ Gatling is back! ~ Gatling Gun im Wildwestroman ~ Gatling Gun aus Gummi ~ Gatling Gun ertönt im Radio ~ Sound der Gatling Gun ~ Gatling Gun als Kultgegenstand ~ Fabrikzeichen der Gatling Gun ~ Gatling Gun im Modell ~ Gatling Gun und ihr Resümee ~ Ein letztes Wort zur Gatling Gun ~~ Teil 2: Filmografie  ~ Teil 3: Bibliografien 


Gatling Gun und ihr Resümee 

Zum Schluß läßt sich hervorheben: 
 “Gatling gun. The name is nearly as recognizable to Old West aficionados as Colt, Winchester, Remington or Smith & Wesson, and it certainly triggers the imagination as much as any frontier gun. In reality, though, this revolving-barreled forerunner of the machine gun was seldom used in the West. The Gatling’s reputation for dealing death rapid-fire was so intimidating that the gun’s presence at a crucial showdown, either civilian or military, usually sent opponents scurrying without a hot being fired.” (Lee A. Silva, Gatling Guns Generated Fearsome Fire But Seldom Dealt Death in the West, zitiert nach: https://www.historynet.com/gatling-guns-generated-fearsome-fire-seldom-dealt- death-west.htm, abgerufen am 26. Oktober 2020) 
Der Rest ist 125jährige Geschichte aus verschiedenen Epochen der (Western-)Bewegt- Bildproduktion.

Cease Fire! 

Und da ist noch etwas: 
Töte einen, und du bist ein Mörder! 
Töte Tausende, und du bist ein Held! 
                                                – Aus Indien.

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DER GATLING GUN-MYTHOS 
The Death-Dealing Machine That Never Won the West 
But Still Exist as Today’s Multi-Barrel Weapons System 
von MICHAEL STEMMER 

 Open Fire! 
Buchcover: Hughes (2000)
 (…) and a tower built over the humped shape of the water cistern, with a Gatling gun mounted there which could sweep the interior of the prison and two of the walls, as well as the gateway, with soft-nosed .45/70 slugs at the rate of 350 per minute.”
— Gordon D. Shirreffs, Judas Gun, zitiert nach: Gold Medal Book k1476, Chapter Three (dt.: „Lohn der Hölle”)

Michael Stemmer informiert in seinem umfassenden Beitrag ausführlich über die Gatling Gun. Gegliedert in drei Hauptabschnitte, zunächst einmal einen allgemein gehaltenen Teil, gefolgt dann von selektiven Filmografien sowie einer Auswahlbibliografie. Für die Webfassung habe ich folgende Aufteilung vorgenommen (K. J. Roth)  


Gatling Gun per definitionem ~ Gatling Gun und ihr Erfinder ~ Vorgang in der Gatling Gun beim Schuß ~ Ladeeinrichtung der Gatling Gun ~ Gatling Gun und der Sezessionskrieg ~ Gatling Gun in Good ol‘ Germany ~ Gatling Gun „Made in Russia“ ~ Gatling Gun contra Bisons ~ Gatling Gun am Großen Fluß ~ Gatling Gun im Genozid ~ Gatling Gun vs. Hotchkiss Gun ~ Gatling Gun im Krisenherd Kanada ~ Gatling Gun landet auf Kuba ~ Feuerpause für die Gatling Gun ~ Gatling auf hoher See ~ Gatling is back! ~ Gatling Gun im Wildwestroman ~ Gatling Gun aus Gummi ~ Gatling Gun ertönt im Radio ~ Sound der Gatling Gun ~ Gatling Gun als Kultgegenstand ~ Fabrikzeichen der Gatling Gun ~ Gatling Gun im Modell ~ Gatling Gun und ihr Resümee ~ Ein letztes Wort zur Gatling Gun ~~ Teil 2: Filmografie  ~ Teil 3: Bibliografien 


Gatling Gun im Modell 

An erster Stelle ist hier der seit 1967 führende, auf der Inselgruppe der Balearen ansässige Fabrikant von Dekorationswaffen in detailgetreuer Ausführung, Denix®, zu nennen, dessen optisch hervorragend gelungene Deko-Kanone Gatling Gun Mod. 1883 (ehem. Artikel-Nr.: 411) aus Metall-Spritzguß mit beweglicher Bedienungskurbelmechanik und abnehmbaren Trommelmagazin Accles Drum Feed sich im Besitz des Autors dieser Zeilen befindet.

© 2021 MICHAEL STEMMER / BERLIN 

Rührt man an der kleinen Handkurbel an der rechten Seite, kreisen die Mündungen der wie beim Vorbild in geschlossenem, von Hand frei schwenkbaren Bronzegehäuse zusammengefaßten Rohre und deutlich ist das metallische Klick–klick–klick fast so wie beim Leerlosschlagen der Schlosse zu hören. Derzeitig wird sie aber nur in Ganzmetall (Artikel- Nr.: 942810), anstelle der vormaligen Version mit hölzerner, durch schmiedeeiserne Bänder verstärkte, originalgetreue Radlafette und beiderseitiger Munitionskästen angeboten. Deren Handelswert beläuft sich momentan auf ca. 200,00 €. Die sorgfältige Kopie trägt sogar ein kleines, wenn auch fingiertes, ovales Name Plate (Geschützplakette) an korrekter Stelle am Rotationsapparat, worauf eingeprägt: GATLING/USA/1883; ein oberhalb des Untergestells am Folding trail seat (Klappsitz für die Bedienung) in voller Länge angebrachtes rechteckiges Schildchen HARTFORD/CONN. entbehrt dem gegenüber jedwedem überlieferten Beispiel. 

Unter Produktinformationen/-daten im www. vermerkte Epoche/Zeitalter mit „US Civil War – Bürgerkrieg“ ist, was das historisch unzutreffende Ambiente anbelangt, wie gehabt, absolut unrichtig!

Das Gleiche läßt sich auch beim Modellbausatz „American Civil War Cannon, Gatling Gun 1866 Metal Model Kit“ feststellen, der 2010 durch Model Shipways, Inc., mit Item# MS4010AM in Vertrieb ging. Besagtes 1 caliber Model 1866, Scale 1:16, stand, wie man weiß, erst ein Jahr nach Bürgerkriegsende dem überstaatlichen Waffenmarkt zur Verfügung. 

Weitere Beispiele: Dr. Gatlings waffentechnische Erfindung gibt es mittlerweile praktisch auch als eine Art Kriegsspielzeug in Form von Aufstellfiguren aus PVC von playmobil®, allerdings sind es keine echten Teile dieses Herstellers seit 1974 die hierzu Verwendung finden, da es sich um die reine Sonderanfertigung eines hispanischen Einzelanbieters handelt. 

Die Gatling Gun en miniature bietet auch Lego® passend für deren Minifiguren, nur sind die zusammengesetzten Klötzchen des bereits 1932 gegründeten dänischen Unternehmens und größten Spielzeugfabrikanten weltweit, dessen Firmenname sich längst als Synonym für Klemmbausteine am Markt etabliert hat, mit einer völlig unpassenden Gurtzuführung für die Patronen ausgestattet.

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DER GATLING GUN-MYTHOS 
The Death-Dealing Machine That Never Won the West 
But Still Exist as Today’s Multi-Barrel Weapons System 
von MICHAEL STEMMER 

 Open Fire! 
Buchcover: Hughes (2000)
 (…) and a tower built over the humped shape of the water cistern, with a Gatling gun mounted there which could sweep the interior of the prison and two of the walls, as well as the gateway, with soft-nosed .45/70 slugs at the rate of 350 per minute.”
— Gordon D. Shirreffs, Judas Gun, zitiert nach: Gold Medal Book k1476, Chapter Three (dt.: „Lohn der Hölle”)

Michael Stemmer informiert in seinem umfassenden Beitrag ausführlich über die Gatling Gun. Gegliedert in drei Hauptabschnitte, zunächst einmal einen allgemein gehaltenen Teil, gefolgt dann von selektiven Filmografien sowie einer Auswahlbibliografie. Für die Webfassung habe ich folgende Aufteilung vorgenommen (K. J. Roth)  


Gatling Gun per definitionem ~ Gatling Gun und ihr Erfinder ~ Vorgang in der Gatling Gun beim Schuß ~ Ladeeinrichtung der Gatling Gun ~ Gatling Gun und der Sezessionskrieg ~ Gatling Gun in Good ol‘ Germany ~ Gatling Gun „Made in Russia“ ~ Gatling Gun contra Bisons ~ Gatling Gun am Großen Fluß ~ Gatling Gun im Genozid ~ Gatling Gun vs. Hotchkiss Gun ~ Gatling Gun im Krisenherd Kanada ~ Gatling Gun landet auf Kuba ~ Feuerpause für die Gatling Gun ~ Gatling auf hoher See ~ Gatling is back! ~ Gatling Gun im Wildwestroman ~ Gatling Gun aus Gummi ~ Gatling Gun ertönt im Radio ~ Sound der Gatling Gun ~ Gatling Gun als Kultgegenstand ~ Fabrikzeichen der Gatling Gun ~ Gatling Gun im Modell ~ Gatling Gun und ihr Resümee ~ Ein letztes Wort zur Gatling Gun ~~ Teil 2: Filmografie  ~ Teil 3: Bibliografien 


Fabrikzeichen der Gatling Gun 

It should be noted that from 1874–1911, Colt serial numbered all their Gatling guns sequentially, starting with serial number one. Each Gatling gun would have 2 sets of numbers, the serial number on the right side of the gun frame and then the assembly number stamped on all of the guns major parts; the assembly number would begin each year with the number "1". (…) The barrels appear original to the gun and are numbered 1-10 in an identical font to that appearing on the rear barrel retaining plate. Additionally nearly all the parts are assembly numbered "1", all with the same stamp in the same font: front barrel retainer, rear barrel retainer, cover plate plug, top cover and breech housing. (…) There are capital letter "A", Ainsworth inspector’s markings on many parts: breech housing, housing cover, carrier, plug and most of the barrels at the breech.” (Quelle: https://www.invaluable.com/auction-lot/colt-model-1874-camel-gatling-gun-100-c- 8f7bde5f1c, abgerufen am 3. März 2022) 

GATLING’S
BATTERY GUN 
PAT. NOV 4. 1862 
MAY 9. 1865 
FEB 28. 1871 
APR 9. 1872 
MADE BY COLT’S 
PT. FIRE ARMS 
MFG CO 
HARTFORD, CONN. 
U.S.A. 

Gravur auf überlieferten Name Plate (Geschützplakette), jeweils angebracht am Messing- Aufschraubdeckel des Verschlußgehäuses. 

Ende der Abschweifung ...

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