Donnerstag, 9. Januar 2025

STORY: Gunman from Hell


Gunman from Hell

von Michael Sonntag


(deutsche Originalstory, 2025)

 Eine Westerngeschichte aus Hohenstein-Ernstthal - hier denkt man zunächst einmal an Karl May. Michael Sonntag (geb. 1978) ist allerdings nicht mit diesem 'Fabulierer' aus dem Erzgebirge identisch - aber er lebt und arbeitet in der sächsischen Stadt. Nach Veröffentlichungen in verschiedenen Magazinen und Anthologien erschienen einige Gedicht- und Kurzgeschichtenbände. 2022 kam mit „Der Hauch der Wahrheit“ der erste Westernroman bei Edition Bärenklau heraus, 2024 folgte dann „Reiter der Rache“ bei Novo-Books. „Gunman from Hell“ greift Elemente des klassischen Western aber auch des Horrorgenres auf und verknüpft diese. Die Kurzgeschichte erschien zuvor in "John Sinclair".


Die Nacht war bereits hereingebrochen. Dem Betreiber des Mietstalls fröstelte es. Heute sollte es so weit sein. Eigentlich hätte er erleichtert sein sollen, doch er hatte zu viel Angst vor dem, was er gerufen hatte.

„Guten Abend“, sagte eine unheimliche Stimme neben ihm. Erschrocken drehte er sich um. Den Mann, der da im blassen Mondlicht vor ihm stand, konnte man dem Aussehen nach für einen Menschen halten. Doch er strahlte eine Kälte aus, zu der kein Wesen dieser Welt fähig sein konnte. Und auch die rotglühenden Augen zeugten von der dämonischen Herkunft des Fremden. Viel war von ihm nicht zu sehen. Sein Gesicht wurde vom Schatten seines Stetsons verdeckt auch sonst war er ganz in schwarz gekleidet.

„Du hast mich gerufen, hier bin ich!“ Selbst seine Stimme schien aus den Tiefen der Hölle zu stammen.

„Ja, das habe ich“, antwortete der Mietstallbesitzer mit zitternder Stimme.

„Was willst Du von mir?“

„Wir brauchen Hilfe. Unser Sheriff ... wir hielten ihn für einen guten Mann. Keiner konnte den Colt so schnell ziehen wie er. Und er hat unsere Stadt von allen Banditen befreit. Doch dann hat er die Maske fallen lassen. Denn kaum war Ruhe, verlangte er von allen Bewohnern der Stadt Schutzgeld. Jeden, der nicht zahlen konnte oder der Widerstand leistete, legte er um.“

„Damit werde ich fertig. Hast Du das Silber?“

„Wie verlangt.“

„Gut. Kümmere Dich um mein Pferd!“

Der Mann atmete erleichtert auf, als der Dämon fort war. Doch als er das Pferd erblickte, kehrte die Angst sofort wieder zurück. Wie sein Reiter war auch das Tier eindeutig nicht von dieser Welt.Es war kohlrabenschwarz, seine Augen glühten ebenfalls in einem dunklen Rot und aus seinen Nüstern zuckten Flammen. Ein unheilvolles Leuchten ging von ihm aus. Mit Schaudern griff er nach den Zügeln und führte das Pferd in den Stall.

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KI generated picture, modified by KJR
Der Dämon hatte sich in der Stadt umgesehen und den nächsten Morgen abgewartet. Er hätte den Sheriff ohne Probleme auch in der Nacht erledigen können, doch das war einfach nicht seine Art. Er war zwar ein Auftragskiller aus der Hölle, doch auch er hatte seine Vorstellungen von Ehre.

Sheriff Callahan hatte es sich im Schaukelstuhl vor seinem Office bequem gemacht. Er hatte seinen Hut tief ins Gesicht gezogen und döste vor sich hin.

„Stehen Sie auf, Sheriff! Ihr Verderben ist gekommen“, wurde er von einer unheimlich tiefen Stimme in seinem Schlummer gestört. Überrascht blickte er auf.

Ein schwarzgekleideter Mann hatte sich breitbeinig auf der Main Street aufgebaut.

„Was wollen Sie von mir?“

„Sie töten!“

In aller Ruhe schob Callahan seinen Stetson in den Nacken. Die Drohung konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Bisher war er mit jedem Gegner fertig geworden und dieser Angeber war da sicher keine Ausnahme. Entweder ein Emporkömmling, der glaubte, sich mit einem Duell einen Namen zu machen, jemand, der sich für etwas rächen wollte oder ein Auftragskiller. Also nicht wirklich Neues. Betont lässig erhob sich Callahan und stellte sich gegenüber seines Herausforderers auf.

„Also gut, wenn Du es so haben willst!“ Niemand zog so schnell wie Callahan. Blitzschnell hatte er seinen Colt in der Hand und jeder Schuss traf. Er feuerte, bis die Trommel leer war. Doch der Fremde stand noch immer ungerührt da. Auf seinem Körper waren die Einschusslöcher zu sehen, die sich jedoch von selbst wieder schlossen.

„Nicht schlecht. Jetzt bin ich dran!“ Ohne Eile zog der Dämon seine Waffe und erschoss den Sheriff, der sich vor Entsetzen keinen Schritt bewegt hatte, sondern nur ungläubig auf seinen Gegner starrte.

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„Auftrag ausgeführt!“

Doch niemand antwortete. Verwirrt blickte sich der Dämon in dem Mietstall um. Merkwürdig, sein Auftraggeber würde ganz sicher nicht den Fehler machen, ihn zu betrügen. Immerhin wusste dieser, mit wem er sich eingelassen hatte. Und dann sah der Dämon, was passiert war: Die Stiefel des Mietstallbetreibers lagen vor der Box, in der das Pferd des Dämons untergestellt war. Daneben lag der Beutel mit den vereinbarten Silberstücken.

„Verdammt“, grollte der Dämon mit sich selbst „Ich hätte ihn warnen sollen, dass Höllenpferde Fleischfresser sind. Das vergesse ich immer wieder, dazu zu sagen.“

Aber egal, der Auftrag war ausgeführt worden und das Silber war da. Also nahm er den Beutel an sich, stieg in den Sattel und ritt zu seinem nächsten Auftrag. Diesmal würde er weniger nachlässig sein.

Wir danken Michael Sonntag für die Erlaubnis, diese Kurzgeschichte hier veröffentlichen zu dürfen.