Mittwoch, 15. Januar 2025

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DER GATLING GUN-MYTHOS 
The Death-Dealing Machine That Never Won the West 
But Still Exist as Today’s Multi-Barrel Weapons System 
von MICHAEL STEMMER 

 Open Fire! 
Buchcover: Hughes (2000)
 (…) and a tower built over the humped shape of the water cistern, with a Gatling gun mounted there which could sweep the interior of the prison and two of the walls, as well as the gateway, with soft-nosed .45/70 slugs at the rate of 350 per minute.”
— Gordon D. Shirreffs, Judas Gun, zitiert nach: Gold Medal Book k1476, Chapter Three (dt.: „Lohn der Hölle”)

Michael Stemmer informiert in seinem umfassenden Beitrag ausführlich über die Gatling Gun. Gegliedert in drei Hauptabschnitte, zunächst einmal einen allgemein gehaltenen Teil, gefolgt dann von selektiven Filmografien sowie einer Auswahlbibliografie. Für die Webfassung habe ich folgende Aufteilung vorgenommen (K. J. Roth)  


Gatling Gun per definitionem ~ Gatling Gun und ihr Erfinder ~ Vorgang in der Gatling Gun beim Schuß ~ Ladeeinrichtung der Gatling Gun ~ Gatling Gun und der Sezessionskrieg ~ Gatling Gun in Good ol‘ Germany ~ Gatling Gun „Made in Russia“ ~ Gatling Gun contra Bisons ~ Gatling Gun am Großen Fluß ~ Gatling Gun im Genozid ~ Gatling Gun vs. Hotchkiss Gun ~ Gatling Gun im Krisenherd Kanada ~ Gatling Gun landet auf Kuba ~ Feuerpause für die Gatling Gun ~ Gatling auf hoher See ~ Gatling is back! ~ Gatling Gun im Wildwestroman ~ Gatling Gun aus Gummi ~ Gatling Gun ertönt im Radio ~ Sound der Gatling Gun ~ Gatling Gun als Kultgegenstand ~ Fabrikzeichen der Gatling Gun ~ Gatling Gun im Modell ~ Gatling Gun und ihr Resümee ~ Ein letztes Wort zur Gatling Gun ~~ Teil 2: Filmografie  ~ Teil 3: Bibliografien 


Gatling Gun am Großen Fluß 

In den drei Tagen vom Freitag, den 19. bis Sonntag, den 21. November 1875, wird seinerzeit am Río Grande del Norte ein Konflikt blutig ausgetragen, der etwas hochgestochen unter dem Begriff „Las Cuevas War“ Einlass in die Chroniken beider Länder gefunden hat. Dieser so geheißene „Krieg“ ist in Wahrheit ein erbitterter Kampf zwischen Texas Rangers und mexikanischen Viehdieben, der freilich das Potential besitzt, massive diplomatische Verwicklungen heraufzubeschwören. Ein Blick in die Hintergrundgeschichte der kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Nachbarstaat stellt die Tatsache dar, daß seit dem Ende des Sezessionskriegs (1861 bis 1865) immer wieder mexikanische Bandidos den Grenzfluß überqueren, um Zuchtvieh von den großen texanischen Ranches zu stehlen. 

Erst im Jahr zuvor, 1874, stellt der im Amt befindliche Governor (Gouverneur) des Bundesstaates, Richard Coke (1829–1897), nunmehr von neuem eine Texas Ranger Division zusammen, die gegen die Desperados eingesetzt werden soll. Es entsteht das Frontier Bataillon (Grenzbataillon) unter John B. Jones (1834–1881), das für die Bekämpfung des Banditenunwesens in diesem Teil des amerikanischen Südwestens zuständig ist, und es gibt von nun an eine Spezialeinheit, kommandiert von Capt. Leander H. McNelly (1844–1877), welche die Grenze sichern soll und deren Besoldung größtenteils aus Privathand von betroffenen, ergo einflußreichen Rinderzüchtern finanziert wird. Diese Texas Rangers stellen ihrerseits jedoch keine reguläre Polizeitruppe mehr dar wie die vormalige State Police (Staatspolizei), sondern eher artverwandt mit einer Bürgerwehr. 

Als Capt. McNelly mit seinen Rangers den Rio Grande südwärts überschreitet und sich der Richtung nach Las Cuevas, Tamaulipas, zuwendet, sucht er damit die Auseinandersetzung mit Gen. Juan Flores Salinas, der zur selben Zeit als Alcalde (Gemeindevorsteher) der Provinzstadt Camargo Municipality, Tamaulipas fungiert. Allein schon besagte Stellung Gen. Salinas‘ als Amtsperson macht diese Insubordination zu einer äußerst riskanten Vorgehensweise. Filmreifer Stoff – wie auch die Tatsache, daß der frühere Südstaaten-Offizier damit wissentlich eine völkerrechtlich anerkannte Grenzziehung verletzt, mithin diesbezüglich feststehende Orders im Dienst missachtet. 

Die Kampagne scheint darüberhinaus von Beginn an fast zum Scheitern verurteilt. Capt. McNellys Truppe ist höchstens 40 Mann stark. Gen. Salinas‘ Miliz hat demgegenüber fast 400 Guerilleros unter Waffen. Nach einem ersten Schußwechsel, befiehlt der tuberkulöse Hauptmann daher bis auf weitere Retraite (Rückzug); allerdings harrt die Ranger-Truppe auf mexikanischem Boden nahe des Flußufers in sicherer Deckung weiter aus. 

Inzwischen ist das Unternehmen Capt. McNellys im Staat Texas allgemein bekannt geworden und auf amerikanischer Seite marschiert das halbe Regiment der 24th U.S. Infantry im Verbund mit mehreren Einheiten der 8th U.S. Cavalry unter dem Kommando eines ebensolchen Ex-Konföderierten wie den Obengenannten, Lt.-Col. James F. Randlett (1832– 1915), auf. 

Als Gen. Salinas gegen das Aufgebot der Texas Rangers mit seiner Quasi-Miliz zum Angriff übergeht, läßt Lt.-Col. Randlett vom gegenüberliegenden Gestade des Río Bravo del Norte das Feuer mit einer Gatling Gun über den Strom hinweg eröffnen. Bereits durch die ersten Geschoßsalven wird Gen. Salinas gleich mehrfach tödlich getroffen. Randnotiz: Die Stelle, an der er es ihn erwischt, haben die Estados Unidos Mexicanos (Vereinigte Mexikanische Staaten) später durch einen Gedenkstein verewigt.

In dem sich danach entwickelnden Feuergefecht fallen zum Ende noch annähernd 80 Kämpfer auf Seiten der selbsternannten Milizionäre.

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