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Mittwoch, 26. Februar 2025

Friedrich Gerstäcker. Leben und Werk (Karl Jürgen Roth)

Friedrich Gerstäcker. 
Leben und Werk eines Erfolgsschriftstellers
von Karl Jürgen Roth


Im Juli 1837 – vor nunmehr fast 188 Jahren – erblickte von Bord der Barke "Constitution" ein gerade einundzwanzigjähriger junger Mann zum erstenmal das amerikanische Festland. Er hatte sich als Zwischen­deckspassagier auf dem Segler eingeschifft und beabsich­tigte, sich in den Vereinigten Staaten, von Amerika  anzusie­deln. Genau wie die anderen Passagiere des Schiffes, und genauso wie die übrigen 23470 Auswanderer, die in diesem Jahr nach den USA aufbrachen, erhoffte sich der junge Friedrich Ger­stäcker im "Land der langen Sehnsucht" ein Leben frei von den Beengungen und Problemen in Deutschland. Zwischen dem eigentlichen Auswanderungsentschluß und seiner Durchführung hatte Gerstäcker eine landwirtschaftliche Lehre auf einem Gut in Sachsen absolviert, so dass er mit den im landwirt­schaftlichen Bereich an­fallenden Arbeiten vertraut war. Für eine geplante Ansiedlung als Farmer in den westlichen Staa­ten der USA hatte eine solche Ausbil­dung laut der Meinung von Gerstäckers Mutter ihre Vorteile. 

Friedrich Wilhelm Christian Gerstäcker wurde am 10. Mai 1816 in Hamburg geboren. Seine Jugend war von zahlreichen Umzügen der Familie geprägt. Der Vater, ein seinerzeit bekannter Tenor, wurde durch wechselnde Engagements gezwungen, öfters den Wohnort zu wechseln. So gelangte der Junge mit vier Jahren nach Dresden und kurz darauf zog die Familie ins kurhessische Kassel, wo Gerstäckers Vater einen Vertrag am Hoftheater erhalten hatte. 

Das Jahr 1825 brachte für den Knaben neue einschneidende Veränderungen. Nach dem Tod des Vaters nahm sein Onkel Eduard Schütz den Jungen und seine Schwester Molly zu sich, da die finanzielle Lage der Familie prekär und die kleine vom Kurfürsten von Hessen-Kassel ausgesetzte Rente nicht für den Unterhalt und die Erziehung der drei Kinder ausreichte. In Braunschweig, wo Schütz als Schauspieler und später als Hoftheaterdirektor tätig war, besuchte der junge Friedrich bis 1830 das Katharineum. In diesem Jahr verließ er Braunschweig wieder und zog zu seiner Mutter nach Dresden, wo er noch einige Jahre in die oberen Klassen des Nicolai-Gymnasiums ging. Die häufigen Ortswechsel und auch die mehrjährige Trennung von der Mutter dürften dazu geführt haben, dass der Junge ziemlich isoliert aufwuchs und zumindest in seiner Jugend nur selten engere soziale Kontakte knüpfte. Im Briefwechsel mit seinem Freund Adolph Hermann Schultz wird dies deutlich, wenn er sich über die „geringste Sorte der Menschheit“ auf dem Gut bei Döben, wo er seine landwirtschaftliche Ausbildung absolvierte, mokiert. Wenig später notiert er im gleichen Brief, dass er abends allein sein Träumen nachhängen würde.
Den Plan, in ferne Länder zu reisen, fasste der Ger­stäcker schon in früher Jugend, wie er in einer 1870 für die Gartenlaube verfassten autobiographischen Skizze er­wähnte:

"Was mich so in die Welt hinausgetrieben? - Will ich auf­richtig sein, so war der, der den ersten An­stoß dazu gab, ein alter Bekannter von uns allen, und zwar Niemand anders als Robinson Crusoe. Mit meinem achten Jahr schon faßste ich den Entschluß, ebenfalls eine unbewohnte Insel aufzusuchen, und wenn ich auch, herangewachsen, von der letzteren absah, blieb doch für mich, wie für tausend Andere, das Wort 'Ame­rika' eine gewisse Zauberformel ...." 

Wenn auch diese ersten Pläne auf den romantischen Über­schwang der Jugend zurückzuführen sind, so blieb die Sehn­sucht nach fernen Ländern, geschürt durch die Lektüre ein­schlägiger Literatur für die Zukunftspläne Gerstäckers bestimmend. So boten z.B. die frühen Übersetzungen von Coopers Lederstrumpfgeschichten, die gerade zu dieser Zeit in Deutschland großen Erfolg hatten, ein romantisiertes abenteuerliches Amerikabild, welches Gerstäcker bestimmt beeinflusst hat. Seine Auswanderungspläne konkretisierten sich nach der Schulzeit und einer abgebrochenen kaufmännischen Lehre. Er plante nun, nach Amerika zu gehen, wobei aller­dings der Entschluss, in die Vereinigten Staaten auszuwan­dern, noch nicht endgültig gefestigt war, wie aus einer Briefstelle zu ersehen ist, wo ihm "...recht deutlich Brasilien vor (schwebte, er)...sah im Geist die herrlichen Landschaften des tropischen Himmelstrichs und träumte dann im seeligen Vergessen... ." Nach dem Abschluss der landwirt­schaftlichen Lehre auf dem Rittergut Haubitz bei Döben re­alisierte er  seine Pläne und schiffte sich im Mai 1837 in Bremerhaven nach den Vereinigten Staaten ein. 

Ohne konkrete Zukunftspläne kam Gerstäcker am 25. Juli 1837 in New York an. Nach der Ausschiffung wohnte er zunächst in einem der typischen Auswanderergasthöfe, zog dann aber bald zu einer deut­schen Familie, die er kennen gelernt hatte. Mit seinem Wirt eröff­nete er einen Tabakladen, der allerdings nur schlecht lief und nach kurzer Zeit wie­der geschlossen werden musste. Gerstäcker zog es nun nach Westen. Er durchstreifte in den folgenden Jahren die Staa­ten am Mississippi und Arkansas und betätigte sich in den un­terschiedlichsten Berufen, als Jäger, Silberschmied, Pfeifenrohr­schneider, Heizer auf einem Mississippidampfer oder auch als Hel­fer auf einer Farm. Etwa fünf Jahre ver­brachte Gerstäcker auf diese Weise in den westlichen Staa­ten der Union und lernte das Le­ben und die Verhältnisse der weißen Siedler und auch der Indianer durch eigene Anschau­ung gründlich kennen. Schließlich arbeitete er noch ein Jahr lang als Geschäftsführer eines Hotels in Pointe Cou­pée in Louisiana, bevor er beschloss, über New Orleans nach Deutsch­land zurückzukehren.

Wieder in Deutschland erfuhr er, dass seine Mutter die ihr zuge­sandten Tagebücher einem befreundeten Redakteur zur Veröffentli­chung übergeben hatte. Gerstäcker erkannte schnell die Möglichkei­ten, die sich ihm boten, wenn er seine Erlebnisse in schriftstel­lerischer Form auswertete. Er überarbeitete seine Tage­bücher, und 1844 erschienen diese unter dem Titel Streif- und Jagdzüge durch die ver­einigten Staaten Nord-Amerikas  mit einem Vorwort des da­mals bekannten Amerikakenners Traugott Bromme in Buchform. Über den Erfolg des Bandes kann man leider keine konkre­ten Aussagen ma­chen. Wenn Eggebrecht schreibt, dass sich der Er­folg in Grenzen ge­halten hätte, so bleibt dies reine Vermutung. Auf eine positive Aufnahme dieses Reiseberichts beim Publikum deu­tet hin, dass der Band in einer zeitgenös­sischen Rezension in den Blättern für lite­rarische Unter­haltung sehr wohlwollend besprochen wird. Nach den Streif- und Jagdzügen ... schrieb Gerstäcker zunächst ei­nige kürzere Texte für Zeitschriften, wie das bei Brockhaus er­scheinende Pfen­nigmagazin, eine  –  wie der Titel schon sagt  – preisgünstige Zeitschrift für eine breites Publikum. Es folgten Übersetzungen englisch­sprachiger Autoren, u.a. ein Südseeroman von Herman Melville. 1846 gelang Gerstäcker dann der schriftstelle­rische Durchbruch. Weitgehend auf seinen Er­lebnissen basierend schrieb er Die Regu­latoren in Arkan­sas, einen spannungsreichen, abenteuerlichen Ro­man aus dem Leben der amerikanischen Backwoodsmen. Als Backwoodsmen bezeichnete Gerstäcker die weißen Siedler an der amerikanischen Zivilisationsgrenze. Die Erstauf­lage des Bandes war von Gerstäckers Leipziger Verleger Wi­gand ei­genmächtig von 1000 Exemplaren auf 1500 Exem­plare heraufgesetzt worden, was für die damalige Zeit, in der Ro­manauflagen von 700 Exemplaren keine Seltenheit waren, eine be­trächtliche Zahl für den Erstlingsroman eines jungen Autors be­deutete. Bald darauf pu­blizierte Gerstäcker den ebenso erfolgrei­chen Fortsetzungsband Die Flußpiraten des Mississippi. Mit die­sen beiden Romanen, die bis heute zu den großen Klassikern der deutschsprachigen Abenteuer­literatur gehören, hatte Ger­stäcker die Grundlage für seine spä­tere Popularität ge­schaffen. Ein zeitgenössischer Rezensent lobt z.B. die an­sprechende Charak­terisierung der Figuren, die gute und spannende Handlungsführung und die angemessenen Naturschil­derungen und schließt seine Bespre­chung wie folgt: "Möge der Verf. ... uns ferner solche Schilderun­gen vorführen: sie werden gewiss mit Dank aufgenommen werden." Ger­stäckers wachsende Popularität, die neben den genannten Romanen auch auf zahlreichen kleineren Arbeiten aus diesen Jahren be­ruhte, zeigte sich nicht zuletzt darin, dass ihm die angese­henen Blätter für literarische Unterhaltung 1848 einen umfangreichen Ar­tikel widmeten, in dem seine bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen Werke im Zusammenhang gewürdigt wur­den. 

Der Mississippi - kolorierter Stich, um 1869

Vor allem durch die erwähnten beiden Romane wurde Ger­stäcker Ende der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts zum bedeu­tendsten und wichtigsten Autor von abenteu­erlicher Unterhaltungs­literatur in Deutschland. Es gelang ihm, den zuvor beherr­schenden Einfluss von Charles Sealsfield auf diesem Ge­biet zu bre­chen. Vermutlich lag dies daran, dass sich seine Schrif­ten an ein brei­teres Leserpublikum wandten, leichter verständlich und spannender erzählt waren. 

Nicht zuletzt dürfte für Gerstäckers Aufstieg zum Er­folgsautor aber auch ein anderer Grund wichtig gewesen sein. Das Interesse der Europäer und besonders auch der Deutschen an Informationen und Nachrichten über Amerika und die Vereinigten Staaten war im 19. Jahrhundert sehr groß. Wünsche nach weiteren Kenntnissen konnten, wenn man einmal von privaten Kon­takten und den sowohl zeitlich als auch finanziell aufwän­digen Reisen absieht, nur durch die schriftlichen Medien Zeitung, Zeitschrift und Buch gestillt werden. Abgesehen von den Interessen, die Auswanderungslu­stige hatten, wurden die Vereinigten Staaten häufig auch als Land der po­litischen Freiheit und des ro­mantischen Abenteuers gesehen. Gerstäcker sprach in seinen Schriften neben den von ihm verhältnismäßig knapp dargestellten poli­tischen Aspekten sowohl die Wünsche der Auswanderungsin­teressierten, als auch die Leser romantischer Abenteuer an. 

Die mit der Revolution von 1848 verbundenen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Unruhen verschlechterten auch die Ver­dienstmöglichkeiten für Schriftsteller in Deutschland. Gerstäcker sympathisierte zumindest zunächst mit den Ideen der Revolution, er stand Vertretern des „Jungen Deutschland“, z.B. Heinrich Laube nahe, die er im Dresdener Literatenverein kennen gelernt hatte, und trat 1848 als Zugführer einer revolutionären Bürgergarde bei. Ob seine spätere Distanzierung von der revolutionären Bewegung auf geänderte politische Überzeugungen zurückzuführen ist, oder ob Gerstäcker aufgrund der zunehmenden Erfolge der konservativen Kräfte beschloss, sich nicht zu kompromittieren, muss offen bleiben. Mir scheint allerdings die Hypothese erlaubt, dass sein sich im Laufe des Jahres 1848 konkretisierender Reiseplan, auch im Zusammenhang mit seinem Rückzug aus dem tagespolitischen Geschehen zu sehen ist. Gerstäcker selbst konstatiert allerdings, dass er „von ewiger Reiselust getrieben“ sich durch „einen kecken Entschluß eine Stellung“ erzwingen und damit neue Verdienstmöglichkeiten schaffen wollte. Er wandte sich an verschiedene Institutionen mit dem Plan, die deutschen Kolonien im Ausland – gemeint sind Ansiedlungen privater Art von Deutschen –  zu besuchen und dar­über zu berichten. Es gelang ihm, das Frankfurter Parlament für seinen Plan zu interessieren und so eine finanzielle Unterstüt­zung zu bekommen. Teilweise finanzierte auch der be­kannte Stutt­garter Cotta-Verlag die Reise, wofür sich Ger­stäcker ver­pflichtete, regelmäßig Korrespondenzberichte zum Ab­druck in den verschiedenen Cottaschen Zeitungen und Zeitschriften zu schreiben. Daneben versprach er, eine ge­plante Ausarbeitung seiner Reise in Buchform zuerst dem Cottaschen Verlag anzubie­ten.
Zur finanziellen Versorgung seiner Familie schrieb er vor seiner Abreise in rascher Folge zahlreiche Texte von denen hier die beiden Auswanderungsführer Nord- und Südaustralien. Ein Handbuch für Auswanderer und Wie ist es denn nun eigentlich in Amerika oder der in Deutschland spielende Roman Pfarre und Schule erwähnt seien.

“Ho-Boys, Ho to Californi-O
There’s plenty of gold, so I´ve been told
On the banks of the Sacramento shore.”

Diesen Refrain eines seinerzeit bekannten Shanties könnte auch der damals zweiunddreißigjährige Friedrich Gerstäcker gehört haben, als er sich dann im März 1849 in Bremen an Bord der Bark “Talisman” einschiffte, um das fabelhafte Goldland im weit entfernten Kalifornien aufzusuchen. Die Reise sollte ihn im Lauf der nächsten Jahre rund um die Welt führen. Er durchquerte Südamerika, arbeitete auf den Goldfeldern Kaliforniens, besuchte Hawaii, Tahiti und Australien, wo er ebenfalls den Goldrausch miterlebte, und kehrte schließlich über Java nach Europa zurück. Wie schon nach seiner ersten Amerikareise (1837-1843) begann er sehr bald seine Erlebnisse in Reiseberichten, Romanen und Erzählungen schriftstellerisch zu verwerten. Zunächst erschien beim renommierten Stuttgarter Cotta-Verlag ein insgesamt fünfbändiger Reisebericht, in dessen zweitem Band die kalifornischen Erlebnisse behandelt wurden. Es folgten Erzählungen für Zeitschriften, die später auch in Sammelbänden veröffentlicht wurden, ein Jugendbuch mit dem Titel Georg, der kleine Goldgräber in Californien und schließlich 1858 der wohl bekannteste deutschsprachige Roman über den kalifornischen Goldrausch: Gold! Ein californisches Lebensbild (Jena, 1858), der bis heute immer wieder neu aufgelegt wurde. 

Friedrich Gerstäcker hatte sich, bevor er im Frühjahr 1849 zu seiner Reise aufbrach, schon ausgiebig mit dem Goldrausch in Kalifornien beschäftigt. Er studierte die Nachrichten, die über die Goldfunde im Tal des Sacramento in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht worden waren und gab noch kurz vor seiner Abreise eine Broschüre unter dem Titel Kaliforniens Gold- und Quecksilberdistrict heraus, in der er übersetzte englischsprachige Artikel für das deutschsprachige Publikum aufbereitet hatte. Schon Mitte des Jahres 1848 – Nachrichten verbreiteten sich damals oftmals erstaunlich schnell - hatte Gerstäcker erste Reisepläne geschmiedet, und im Januar 1849 schrieb er in einem Brief an Cotta, dass es “wohl gerade jetzt kein interessanteres Land in der weiten Welt geben [würde], als eben Californien” (Briefe II, 19). Es eilte ihm mit der Abreise und er notierte: “Will ich aber augenblicks den richtigen Zeitpunkt für Californien nicht versäumen, so ist es nothwendig, dass ich von hier aus mit dem ersten dorthin absegelnden Schiffe gehe, und das ist für den 15ten März angesetzt.” (Briefe II, 19).


Gerstäcker wollte – wie Zehntausende von Abenteuerlustigen – möglichst schnell ins Goldland und benutzte daher das erste nach der Winterpause segelnde Schiff. Die Goldsucher im Roman Gold können gleichfalls den Zeitpunkt kaum erwarten, an dem sie endlich an Land dürfen: 

„Was versäumten sie indessen nicht alles an Bord! Jene ersten Auswanderer nach Kalifornien, zu denen im alten Vaterlande nur eben auch die ersten fabelhaft klingenden Nachrichten gefundener Schätze gedrungen waren, hatten noch alle den Kopf voll goldener Hoffnungen und Träume. In den Minen fanden sie jener Kunde nach ‚eine Unze Gold täglich’, und wenn sie diese nur geradehin zu zwanzig Taler Pr. Cour. taxierten, ließ sich eine vollkommen genaue Rechnung aufstellen, um was sie hier in jeder Woche nutzlosen Harrens gebracht wurden.“ (Gold, 2). 

Gerstäcker lässt die an Bord der “Leontine” zusammengewürfelten Passagiere darüber berichten, welche Wünsche und Vorstellungen sie haben. 

“In drei Tagen haben ihrer zwei aus irgendeiner alten Schlucht dort drüben für viertausend Dollar blankes Gold herausgegraben.” Ein anderer Passagier beantwortet die Frage, warum er nach Kalifornien geht: “Wahrhaftig nicht, um oben in den alten faulen Bergen nach Gold zu puddeln!” rief aber der Apotheker. – “Kranke Menschen wird’s genug in San Francisco geben, - leichtsinniges Gesindel dass sich oben in den Minen so lange herum getrieben hat, bis es die Knochen nicht mehr regen kann. Die fallen mir nachher in die Hände, und dass ich die auspressen will, bis sie auch kein Korn Gold mehr hergeben, darauf können sie sich verlassen.” (Gold, 8) 

Der erste Blick auf San Francisco lässt die Erwartungen der Passagiere ansteigen: 

„Jetzt wie einem Zauberschlage, klafften die beiden schroffen Felswände zurück. [...] Das war ein Drängen und Fragen und Jubeln und Laufen an Bord; denn wunderbar rasch entfaltete sich mehr und mehr das eigentümliche Leben der Bai vor ihren Augen, aber zum Antworten hatte niemand Zeit oder Lust. Jeder wollte nur sehen, genießen und achtete schon des Gegenwärtigen nicht mehr, denn gerade vor den Blicken enthüllte sich mit jeder Schiffslänge mehr das eigentliche Ziel der langen Fahrt, die Hauptstadt des Landes ihrer goldenen Träume: San Francisco. Noch hatten sie erst einzelne zerstreute Häuser und Zelte auf den nächsten Hügeln erkannt, plötzlich aber, die Spitze der Landzunge umfahrend, lag die wunderlichste Stadt der Erde in ihrer ganzen Ausdehnung, vorn von Hunderten abgetakelter Schiffe, im Hintergrunde von kahlen Bergen umschlossen vor ihnen. Der eigene niederrasselnde Anker – die herrlichste Musik nach so langer Fahrt – brachte sie auch erst wieder zu sich selber.“(Gold, 26) 

Diese panoramistische Sicht auf eine Stadt ist typisch für Gerstäcker. Er verwendet sie immer wieder, z.B. wenn er später die Minenorte selbst beschreibt.

Gerstäckers schildert in Gold die Erlebnisse zahlreicher Passagiere der „Leontine“ in Kalifornien, wobei die Schilderung des Lebens in den Minendistrikten breiten Raum einnimmt. Durch die Berücksichtigung der Schicksale seiner zahlreichen Protagonisten zerfasert der Roman allerdings in eine Vielzahl von kaum untereinander verbundenen Einzelhandlungen. Es gelingt Gerstäcker – wie auch in zahlreichen seiner anderen Werke – nicht, einen durchgängigen Handlungsstrang durchzuhalten. Er richtet sein Augenmerk vielmehr auf die detaillierte Schilderung von Einzelheiten, die teilweise dokumentarisch echt wirken. 

Ein Goldgräber besucht ein Zelt: 

„Das Innere des Zeltes versprach allerdings nicht viel; denn eine ungehobelte lange Bank von Zedern-Brettern, mit eben solchen Bänken an der Seite, stand in der Mitte und war nur stellenweise mit ein paar kurzen und einige mal gebrauchten Tischtüchern bedeckt. Messer, Gabeln und Teller fanden sich allerdings vor, auch ein großes Salzfaß – vielleicht von Zinn – der darauf haftende Staub ließ es nicht recht erkennen - ; aber zwei riesige Flaschen mit sogenannten ‚Pickles’ (kleine Gurken in Essig und spanischem Pfeffer) bildeten den eigentlichen Anlockungspunkt für diese Mahlzeiten. Es war einmal etwas Pikantes für die Zungen, die sich das ewige frische Fleisch und Weizenbrot zuwider gegessen hatten, und die Leute bezahlten gern einen ziemlich hohen Preis für dasselbe, was sie sich zu Hause, d.h. in ihrem Zelte, auch hätten kochen können, nur um dabei dieser sauern und gepfefferten Pickels habhaft zu werden.“ (Gold, 166 f.) 

In den Golddistrikten trafen sich Menschen unterschiedlichster Nationalitäten und Herkunft. Gerstäcker erwähnt z.B. den deutschen Baron, der sich seinen Lebensunterhalt als Kellner verdient und berichtet ausführlich über die Rivalitäten zwischen Goldsuchern US-amerikanischer, mexikanischer, europäischer, australischer oder chinesischer Herkunft: “Beim Teufel, die Langzöpfe sitzen hier mitten im Gold drin, während wir, denen der Boden gehört, um Lohn um sie herumhacken. Heraus von da, oder verdammt will ich sein, wenn ich euch nicht Beine mache!” (Gold, 332) Der Streit eskaliert, es kommt zu einer Schlägerei, bei der die Chinesen unterliegen.

Die Sprache und die Lieder der Goldgräber werden gleichfalls dokumentiert. So schreibt Gerstäcker in einer Fußnote: “In Kalifornien bedeutet das Wort ‚lump’ dasselbe, was man in Australien unter nugget versteht, einen tüchtigen Klumpen gediegenes Gold.” (Gold, 239)

“Drei Amerikaner sangen mit lauter Stimme hinter ihm drein: 
‚Oh Susannah – don’t you cry for me,
I go to California, with a washbowl on my knee.’”(Gold, 240)

Gerstäcker setzt hier und da auch humoristische Akzente. So treffen sich am Ende des Romans einige der Passagiere der “Leontine”. 

“Holla, Herr Graf! [...] dow do you do? – in den Hills oben bin ich gesteckt und habe gediggt und gewaschen.” “Und sind Sie glücklich gewesen?” “Pah,” zuckte der Mann mit den Achseln. – “Was die Leute Glück kalen (to call), das soll der Teufel hier in den mines holen. Erst hab’ ich mir einen bösen Kalt gekätscht und bin sick gewesen, dann war’s ordentlich, als ob ich on Purpoß nichts finden sollte. Jetzt hab’ ich nun meinen Meind aufgemacht und will nach San Francisco trawweln.” “Sträfliches Deutsch!” murmelte der Justizrat vor sich hin, - “verstehe kein Wort.” “Und was wollen Sie dort, Herr Erbe?” fragte Beckdorf, der sich über den Burschen amüsierte. ”Ich tu’s noch nicht wissen; - wahrscheinlich einen Barbershop aufraisen und die Leute schäwen (rasieren).” (Gold, 557) 

Die Romanfigur Erbe hat eingesehen, dass sie durch das Goldsuchen ihr Glück nicht machen kann und plant nun ihren alten gelernten Beruf wieder aufzunehmen. Gerstäcker fasst hier seine eigenen Erfahrungen zusammen, die er auch in einem Brief an seine Mutter niederschrieb: “Mit den Goldminen ist es Essig, so viel hab ich jetzt ungefähr weg und wenn auch Einzelne ihr Glück machen, im Allgemeinen muss die Mehrzahl doch nachsehen.” (Brief vom 7.8.1850, Ostwald, Gerstäcker, 51)



Zwei Jahre vor der Veröffentlichung des Romans Gold – im Jahre 1856 - hatte Friedrich Gerstäcker mit den Californischen Skizzen eine Sammlung von zehn Texten publiziert, die gleichfalls das Leben in den Minendistrikten Kaliforniens behandelten. Eine Nacht im Mosquitogulch schildert authentisch das Lagerleben und bietet zahlreiche interessante Einblicke, so listet Gerstäcker beispielsweise die verschiedenen Lebensmittel und ihre Preise penibel auf oder veröffentlicht ein Goldgräberlied in deutscher Sprache. 
Die Entdeckung des Jackaßgulch (Eselsschlucht) schildert die Arbeit und die Gefahren in den Minen, wobei auch der Leipziger Barbiergeselle Wilhelm Erbe aus dem Roman Gold einen ersten Auftritt hat, bei dem er die englische und die deutsche Sprache ähnlich wie in dem obigen Zitat aus dem späteren Roman verballhornt. 

Auch andere Themen, wie die Differenzen zwischen Goldsuchern unterschiedlicher Nationalität griff Gerstäcker in diesen Skizzen auf. Die französische Revolution schildert eine Auseinandersetzung zwischen Franzosen und Amerikanern und Der Mexikaner in den californischen Minen erzählt wie mexikanische Goldgräber den Claim eines deutschen unterhöhlten, das Gold fortschafften, erwischt und schließlich bestraft wurden. 

Eine Nacht in einer Californischen Spielhölle spielt dagegen in San Francisco, und erzählt u.a. vom Schicksal einer Mexikanerin besserer Herkunft, die gezwungen ist in einer Spielhalle zu singen, weil ihr Vater der Spielsucht verfallen ist. Gerstäcker beschreibt hier die Einrichtung einer Spielhalle und ihre Besucher ausführlich, bevor er von einem Raubmord berichtet.

In allen Texten Gerstäckers über den Goldrausch in Kalifornien finden sich detailgetreue Schilderungen von Einzelheiten, die der Autor selbst gesehen hatte, von Ereignissen an denen er selbst teilgenommen hatte und natürlich auch von Einzelheiten über die er etwas in den Goldgräberlagern Kaliforniens gehört hatte. Teilweise tritt er selbst in den Texten auf, so z.B. in Eine Nacht am Mosquitogulch, wo es heißt: “Das Zelt wurde von drei Deutschen, Renich, Have und Müller – so wollen wir den dritten nennen, denn mein eigener Name ist so verwünscht lang – bewohnt.” (Californische Skizzen, 6) Im Gegensatz zu späteren Autoren des 19. Jahrhunderts, die über den Goldrausch schrieben, wie z.B. die Amerikaner Bret Harte oder Mark Twain, hatte Gerstäcker selbst als Goldwäscher in den Bächen Kaliforniens gestanden, er kannte die Verhältnisse als Augenzeuge und schilderte sie getreu. Wenn auch seine Schriften literarisch nicht unbedingt besonders wertvoll sind, wenn uns auch seine Darstellungen aufgrund der veralteten Sprache und der Schwächen in der Handlungsführung langatmig erscheinen, so bieten sie doch ein wirklichkeitsgetreues, sozialgeschichtlich interessantes Bild Kaliforniens um 1850. Das Beliebtheit seiner Schilderungen des Goldrauschs zeigt sich auch darin, dass der Roman Gold schon 1859 in die englische Sprache übersetzt wurde und in einer amerikanischen Ausgabe erschien.

Aber nach dieser Reise entstanden auch andere Schriften. Die zahlreichen Ein­drücke und Er­lebnisse, die Gerstäcker während der Reise in Tage­buchform festgehalten hatte, wertete er zunächst in Form eines fünfbändigen Reisebe­richtes aus, der wie vereinbart 1853-1854 bei Cotta publiziert wurde.  In einer Rezension dieses Reiseberichts schreibt der Re­zensent über Gerstäcker: 

"Er besitzt einen raschen Blick, die Gabe gewand­ter, geistreicher, oft witziger Darstellung, an der rechten Stelle Kürze des Ausdrucks und ein großes Talent, seine An­schauungen in Bildern und Gruppen, in lebensvollen Situa­tionen und Schildereien wie­derzugeben, welches letztere ma­lerische Talent am geeignetsten ist fremde Sitten, Gebräu­che und Le­bensweisen, Charaktere und Eigenthümlichkeiten an­schaulich zu machen." 

Abgesehen von freundlichen Kritiken fanden die Bände eins und zwei des Reisewerkes auch eine positive Aufnahme beim Publikum. So wa­ren von diesen beiden Bänden, die im Früh­jahr 1853 in einer Auf­lage von 2000 Exemplaren pro Band er­schienen waren, am 10. Mai des selben Jahres nur noch 257 Exemplare pro Band beim Verlag vorhan­den. 

Belletristisch wertete Gerstäcker seine Reise aus, indem er zahl­reiche kürzere Erzählungen und Skizzen für Zeit­schriften verfaßte und auch Romane wie Tahiti, Die beiden Sträflinge oder Unter dem Äquator schrieb, die in der Süd­see, in Australien oder auf Java spielten. Die Auswanderung von Deutschen nach Übersee wurde von ihm immer wieder the­matisiert, sei es in Form kürzerer Erzählun­gen oder auch umfangreicher Romane. So entstand 1855 Gerstäckers wohl wichtigstes Werk über die deutsche Auswanderung nach Nordame­rika, der sechsbändige Roman Nach Amerika. Die­ses "Volks­buch" (Untertitel) beschreibt die Schicksale verschiedener Auswanderer von ihrem Ent­schluss Deutschland zu verlassen, bis zu ihrer Integration in Ame­rika.

1860 unternahm Gerstäcker eine weitere Reise, die ihn zum zwei­ten Mal nach Südamerika führte. Diese Achtzehn Monate in Südame­rika, wie auch der Titel des Reiseberichts lau­tete, führten den Schriftsteller zunächst in die Karibik. Anschließend überquerte er den Isthmus von Panama und rei­ste nach Ecuador weiter, wo er im Auftrag der engli­schen Ecuador-Land-Company die Ankunft der Kolo­nisten in dem Dorf San Lorenzo überwachen sollte. Auf Streifzügen lernte Ger­stäcker das Innere des Landes kennen, bevor er nach Peru gelangte. Weitere Reiseziele lagen in Chile, Ar­gentinien, Uruquay und Brasi­lien.  Noch deutlicher als während der vorangegangenen Welt­reise lag während der Südamerika­reise ein Interessenschwerpunkt Gerstäckers bei den Besu­chen in deutschen Ansiedlungen und bei der Interes­senvertretung deutscher Ansiedler in den südamerikanischen Staa­ten. Ger­stäcker vertrat z.B. während einer Audienz beim peruani­schen Präsidenten die Wünsche einer Gruppe deutscher An­siedler am Pozuzu oder er hielt Vorträge über Auswan­derung und die Deut­schen im Ausland in südamerikanischen Städten. Von Rio de Janeiro aus kehrte er im Herbst 1861 nach Europa zurück. Einen geplanten Besuch in Nordamerika ließ er fallen, da er aus Deutsch­land schlechte Nachrichten erhalten hatte. Seine Frau war erkrankt und verstarb noch vor der Ankunft in Deutschland.

Gerstäcker ver­suchte seinen Schmerz durch Arbeit zu be­täuben und stellte in sehr kurzer Zeit den oben erwähn­ten Reisebericht in insgesamt drei Bänden zusammen. Abgese­hen von den Schilderungen seiner Besu­che bei den deutschen Siedlern in Südamerika beschreibt er in die­sen Bänden wie­der einmal sehr anschaulich die in Südamerika ken­nen gelernten geographischen, politischen und sozialen Verhält­nisse, so dass aufgrund dieser Hinweise das Werk auch als Informa­tionsquelle für Auswanderungslustige wertvoll war. 

Nach nur kurzem Aufenthalt in Deutschland begleitete Ger­stäcker im Frühjahr 1862 seinen Gönner, den Herzog Ernst II. von Coburg-Gotha, auf einer kürzeren Reise nach Afrika. Die Reisegruppe, zu der u.a. auch Alfred Brehm ge­hörte, be­suchte Ägypten und die Län­der am oberen Nil. In­wieweit Ger­stäcker an dem über diese Reise publizierten Buch beteiligt war, lässt sich heute nur noch schwer rekon­struieren. Ger­stäcker wird in dem 1864 veröffentlichten Rei­sewerk Reise des Herzogs Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha nach Ägypten und den Ländern der Habab, Mensa und Bogos, nicht als Autor genannt, obwohl er vermutlich an der Aus­arbeitung des Buches einen entscheidenden Anteil gehabt hat. Über diese Afrikareise publizierte Gerstäcker selbst nur verhältnismäßig wenig. 

In den folgenden Jahren seiner zweiten Ehe – Gerstäcker heiratete am 24. Juli 1863 eine Holländerin - entstanden zahlreiche Erzählun­gen, teils mit exotischem, teils mit unheimlich-schaurigem Hintergrund, wie z.B. die Geschichte Germelshausen, die möglicherweise Vorlage für das Hollywoodmusical Brigadoon  war. Zumeist wurden diese zunächst in auflagestarken Zeitschriften abge­druckt. So finden sich in fast jedem Jahrgang der Gartenlaube oder der Illustrirten Welt bis zum Tode Ger­stäckers Texte des Au­tors. Daneben schrieb er etliche Ro­mane mit südamerikani­schen Handlungsorten, in denen Erfahrungen und Eindrücke seiner Südamerikareise ausgewertet wurden. Hierzu gehören Die Colonie (1864), Zwei Republiken. 1. Abth.: General Franco. Lebensbild aus Ecuador (1865); 2. Abth.: Sennor Aquila. Peruanisches Lebensbild“ (1865) Neben diesen erfolgreichen belletristischen Schriften erschienen auch einige dramati­sche Ver­suche Gerstäckers (z.B. Der Wilderer (1864)), die allerdings ziemlich erfolg­los blie­ben. Auf­grund seiner Reisewerke, Romane und Erzäh­lungen gehörte er aber zu den bekanntesten und beliebtesten Autoren der damaligen Zeit. Sein Biograph Thomas Ostwald, der Vorsitzende der Friedrich Gerstäcker Gesellschaft, schreibt über Gerstäckers Popularität:

„In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts be­mühten sich zahlreiche Vereinigungen und Gesell­schaften um den Weit­gereisten. Er wurde zu Vorträ­gen eingeladen, sprach über die Probleme der Aus­wanderer und setzte sich für die Unter­stützung der Deutschen im Ausland ein. Der 'Deutsche Natio­nalverein' ernannte ihn zum Mitglied, ebenso der 'Verein für Naturkunde' in Kassel, für den er seit 1863 korrespondierendes Mitglied war.

Nach einigen schriftstellerisch produktiven Jahren regte sich bei Gerstäcker wieder einmal die Reiselust. Im Sommer 1867 verließ er Deutschland mit dem Dampfschiff "Bremen". Gerstäcker reiste nun im Gegensatz zu seinen frühen Reisen als Kajütpassagier an Bord eines modernen Dampfers nach New York. Sein Nordamerikaaufenthalt wäh­rend dieser Reise ist gekennzeichnet durch Besuche an Orten, die er rund 30 Jahre zuvor als junger Auswanderer kennen gelernt hatte. Er regi­strierte die zahlreichen Veränderungen, und seine Er­wartungen bzw. Erinnerungen wurden vielfach getäuscht. Seine alten Bekannten waren zum größten Teil verstorben, und die Landschaft  hatte sich stark geändert. Er schrieb in Neue Reisen durch die Vereinigten Staaten, Mexico, Ecuador, Westindien und Venezuela:

„Aber, lieber Gott, ich kannte den Wald gar nicht mehr, so wild und verwachsen kam er mir jetzt vor, und wo ich sonst über mit saftigem Gras bewachsene offene Hügel gejagt, fand ich jetzt Kiefer- und Ei­chendickungen, deren junge Stämme wie angesät neben einander emporschossen.“

Friedrich Gerstäcker verließ die Vereinigten Staaten und reiste nach Me­xiko, in einen Staat, den er bisher noch nicht kannte. In Vera Cruz gelandet, durchquerte er das Land, besuchte die Haupt­stadt Mexiko und schiffte sich in Acapulco nach Panama ein. Von dort aus fuhr er nochmals nach Ecuador, kehrte aber bald nach Panama zurück, über­querte den Isthmus und ging nach nach Venezuela, wo er sich für län­gere Zeit auf­hielt.  Den Abschluß der Reise bildete der Besuch auf eini­gen Karibi­kinseln, bevor er sich auf einem französischen Schiff nach St. Nazaire einschiffte. 

Zurück in Europa, wertete Gerstäcker die Reise in der ihm üblichen Weise aus. Es entstanden ein neuer Reisebericht, zahlreiche Erzäh­lungen und einige Romane. Besonders erwäh­nenswert sind ein zweibändiger Roman In Mexiko, in dem sich der Autor mit dem Schicksal des Kaisers Maximilian von Mexiko beschäftigte und der Roman In Amerika. Amerikanisches Charakterbild aus der neuern Zeit, der als Fortsetzung des 1855 erschienenen Volksbuchs Nach Amerika anzusehen ist.

Größere Reisen unternahm Gerstäcker nun nicht mehr. 1870/71 folgte er den deutschen Truppen auf ihrem Frankreichfeldzug und schrieb zahlreiche Kriegsberichte, die u.a. in der Gartenlaube, aber auch in einer selbstän­digen Buchpublikation unter dem Titel Kriegsbilder eines Nachzüglers aus dem deutsch-französischen Kriege (1871) veröffentlicht wurden. 
Während der Vorbereitungen zu einer erneuten Reise, die ihn nach Ostasien führen sollte, starb Gerstäcker in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1872 in Braunschweig.

Gerstäcker war seit dem nicht leichten Entschluss, - in den vierziger Jahren versuchte er sich neben der erwähnten Übersetzertätigkeit auch als Buchhändler zu etablieren -  seinen Lebensunterhalt durch schriftstellerische Tätigkeit zu ver­dienen, knapp dreißig Jahre als freier Schriftsteller tätig. In einer Zeit, in der von heutigen Romanauflagen und Honora­ren nur geträumt werden konnte, war dieser Beruf nicht immer leicht. Dennoch gelang es Gerstäcker, - obwohl seine zahl­reichen Reisen nicht billig waren - einen gewissen Wohlstand zu erlangen, so dass er sich in seinen letzten Lebensjahren in Braunschweig in einem eigenen Haus niederlassen konnte. Aufgrund des Angewiesenseins auf Honorare für Skizzen, Er­zählungen und Romane nutzte Gerstäcker alle sich ihm anbie­tenden Publikationsmedien. Er schrieb für zahlreiche Zeitun­gen und Zeitschriften und veröffentlichte seine Texte nach Vorabdrucken in periodischen Publikationen erneut in Buch­form als Romane oder auch als Sammelbände mit Erzählungen. Versuchen seines Verlegers Hermann Costenoble, den Honorar­satz bei Zeitungsvorabdrucken zu drücken, trat Gerstäcker energisch entgegen: "...denn von allen meinen literarischen Freunden höre ich bestätigt, dass der Abdruck eines Romans in einer politischen also täglichen Zeitung, den Verkauf des­selben eher fördert als beeinträchtigt, und derselbe von den Verlegern überall ebenso honoriert wird, wie ein neues Manu­skript."(Brief an Costenoble vom 20.6.1867). Ebenso wehrte er sich - allerdings oftmals vergebens - gegen die Praxis ungerechtfertigter Nachdrucke seiner Schriften.

Gerstäcker war nicht nur der Autor exotischer Reise- und Abenteuerromane, sondern er verfasste während seiner gesamten schriftstellerischen Laufbahn auch Bücher, die man heute als Gesellschaftsromane (Der Kunstreiter (1861); Der Erbe (1867); Eine Mutter (1867)) und Vorläufer der modernen Kri­minalliteratur (z.B. Der Polizeiagent (1865 im Daheim); Im Eckfenster (1872)) bezeichnen kann.

Mehrere Jugenderzählungen müssen im Zusammenhang mit Ger­stäckers exotischen Abenteuerromanen gesehen werden. Ein zu­meist jugendlicher Protagonist erlebt in diesen Texten Aben­teuer vor einem exotischen Hintergrund. So führen Der kleine Goldgräber in Californien (1858) in die Zeit des kaliforni­schen Goldrausches, Fritz Wildaus Abenteuer zu Wasser und zu Lande (1854) in die pazifische Inselwelt oder Durch die Pam­pas (1864) in die Steppen Südamerikas. 

Auf die unheimlich-schaurigen Erzählungen habe ich schon hingewiesen. Hinzu kommen zahlreiche humoristische Er­zählungen, Skizzen und Gedichte, die häufig in der bekannten satirischen Zeitschrift Fliegende Blätter abgedruckt wurden. Teilweise haben Gerstäckers Gedichte auch eindeutig politi­sche Inhalte, wie z.B. das in den Fliegenden Blättern abge­druckte Barbarossa-Gedicht oder die Antwort auf Herweghs Gedicht bezüglich der Reichsgründung von 1870/71. Zwar sind diese letztgenannten Publikationen peripher im Werk eines Schriftstellers, den man heute fast nur noch mit seinen exo­tischen Abenteuerromanen identifiziert, sie zeigen aber doch in Verbindung mit zahlreichen entsprechenden Äußerungen in anderen Werken, dass Gerstäcker stets an den politischen Ver­hältnissen in Deutschland interessiert war.

Zweifellos gehörte Friedrich Gerstäcker zu den wichtigsten des ethnographischen Reise- und Abenteuerromans im 19. Jahrhundert. Dennoch ergeben sich bei der Einord­nung seines umfangreichen schriftstellerischen Werkes diverse Schwierigkeiten. Eine frühe Charakterisierung seines Stiles ist in Petermanns Mittheilungen, der führenden geo­graphischen Zeitschrift in Deutschland in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zu finden. 

„Auf den Styl ist auch hier wenig Sorgfalt verwendet und wir müssen manche unnötige Wiederholung mit in Kauf nehmen, dafür entschädigen aber der Humor, die Frische, die Originalität, welche den Gerstäcker'schen Schriften in den weitesten Kreisen so viel Freunde geschaffen haben, seine nüchterne Anschauungsweise, die uns Dinge und Zustände in ungeschminkter Wirklichkeit kennen lehrt, seine große Erfahrung und Bekanntschaft mit den ver­schiedensten Zonen, die ihm lehrreiche vergleiche anzustel­len gestattet, wie sein selbständiges Schaffen...“.

Der ungenannte Rezensent spricht hier einige Aspekte an, die sich in vielen Urteilen über den Autor wiederfinden. Die realitätsgetreue Schilderung von Land und Leuten wurde ständig hervorgehoben. Sie zeigt sich insbesondere in der wirklichkeitsnahen Darstellung kleiner Einzelheiten, den Be­richten über die Lebensweise der amerikanischen Backwoodsmen oder der Schilderung der Auswanderung in zahlreichen Texten. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass Gerstäcker als Kind seiner Zeit auch zahlreichen vorgefassten Meinungen ver­haftet bleibt. So sind z.B. die Südamerikaner in der Regel faul und ihre Wohnungen zumeist unsauber. Hier entsprechen seine Beobachtungen und späteren schriftlichen Äußerungen nicht der Realität. Gerstäcker erscheint zumindest in diesem Zusammenhang unfähig, den andersgearteten Lebensrythmus in tropischen und subtropischen Ländern angemessen zu erfassen und darzustellen. Vielleicht ist dies darauf zurückzuführen, dass Gerstäcker im Gegensatz zu seiner ersten Amerikareise (1837-1843) auf späteren Reisen mehr oder weniger als eine Art von "Tourist" reiste. Er konnte sich wohl nie so gut in die Mentalität und das Wesen der Menschen in den be­suchten Gegenden einfühlen, wie dies z.B. Ernst F. Löhndorff mit einigen seiner Romane gelang. So fehlt in den meisten Amerikaromanen auch eine mitreissende Darstellung der indianischen Ureinwohner. Die Indianer und ihre Kultur erscheinen durch die Weißen zerstört und häufig durch Alkoholismus gekenn­zeichnet. Dennoch weisen einige von Gerstäckers Indianerfi­guren (oder auch Südseeinsulanern) Züge des "edlen Wilden" auf, die auf ihre literarischen Vorfahren bei Rousseau oder auch bei James Fenimore Cooper zurückgehen dürften. 

In die­sem augenscheinlichen Widerspruch spiegelt sich eines der Hauptprobleme des schriftstellerischen Werkes unseres Au­tors. Gerstäcker erlebte die Realität während seiner Reise und verarbeitete diese in den fiktionalen und nichtfiktiona­len Werken später zu Hause. Hier kamen allerdings Aspekte hinzu, die einer wirklichkeitsgetreuen Darstellung nicht förderlich waren. Der Autor verknüpfte beim Verfassen seiner Texte nun oftmals seine - teilweise aus der Literatur stam­menden oder auch seine von Steinbrink als Tagträume bezeich­neten -  Vorstellungen mit der von ihm erlebten andersgear­teten Realität der besuchten Gegenden. Diese Form einer verklärenden Distanzierung tritt in den fiktionalen Texten weitaus stärker hervor als in den nicht fiktionalen Skizzen, Reiseberichten oder Auswandererführern. Schon während seiner Reisen musste er zur Kenntnis nehmen, dass das "Land der lan­gen Sehnsucht" (Brief an A.H. Schultz) nicht so aussah, wie er es sich vorgestellt hatte. Dennoch stellte er solche desillusionierenden Erkenntnisse selbst in nichtfiktionalen Texten nicht immer deutlich heraus.  

Betont sei allerdings nochmals Gerstäckers Fähigkeit dokumentarisch echt von eigenen Erlebnissen zu erzählen und damit genaue Schilderungen der von ihm bereisten Gebiete zu bieten. Den „Urkundenwert homerischer Dichtungen“ (Joseph Nadler) erreichen seine Schriften zwar nicht aber man kann ihnen auf jeden Fall einen hohen Realitätsgehalt zusprechen.

Ein anderes von Gerstäcker oft gepflegtes Bild kann im Zusammenhang mit seinem schriftstellerischen Stil, auf den er angeblich nur wenig Sorgfalt verwendet, verdeutlicht werden. Gerstäcker bezeichnete sich selbst als einen der "größten Herumtreiber" (Autobiographie in der Gartenlaube) und pflegte sein Image als hemdsärmeliger Abenteurer, der ge­nauso schlicht, einfach und ungekünstelt, wie er sich im Le­ben gab, schrieb. Allerdings fällt bei näherer Betrachtung seiner Schriften auf, dass der Autor sehr bewusst von diversen literarischen Stilmitteln der Zeit Gebrauch macht. So be­nutzt er z.B. geschickt die Technik des Nebeneinanderstel­lens von Informationen, wenn er in In Amerika  das Land aus einer Art Vogelperspektive als Ganzes betrachtet: 

"Und während ich schreibe, ist es mir, als ob ich in einem Riesenballon emporstiege über das weite herrliche Land, und das Auge das ganze mächtige Reich überschauen könne mit ei­nem Blick - und vom Norden zum Süden welch ein Unterschied! Da droben im Norden die herrlichen Seen, der blaue klare Himmel über der blitzenden Fluth - zahllose Dampfboote, die die spiegelglatte Fläche durchschneiden, milchweisse Wolken, die, eben so viele Eisenbahnzüge kündend, über das Land fliegen, geschäftiges Treiben überall; - Mäh- und Dreschma­schinen, wohin das Auge fällt, kleine Locomotiven, welche die abgehauenen Stämme neu urbar gemachten Landes mit der Wurzel aus der Erde heben - andere, die das Gras der Prai­rien mähen und auf riesige Haufen werfen, fette Heerden und wohnliche Gebäude - das weite Land von prachtvollen Strömen durchschnitten, mit ununterbrochenem Verkehr. Städte, die sich Meilen weit in der Ebene und an den Ufern der Seen und Ströme ausdehnen; kleine Ortschaften dicht über das Land ge­streut." (In Amerika, Dritter Teil, S.86-87) . 

Eine solche panoramistische, optimistische Sicht Amerikas als eines Landes der Zukunft findet sich vielfach auch in zeitgenössischer amerikanischer Grafik und Kunst und wirkte fort bis in die am Ende der Filme Der Kaiser von Kalifornien (Luis Trenker, (D 1936) oder Das war der wilde Westen (How the West was won (USA 1961)) präsentierten Bilder Amerikas.  

John Gast - AMERICAN PROGRESS

Steinbrink nennt des weiteren als typisch für Gerstäcker, die Verwendung ethnologischer, geographischer und histori­scher Details als Stilmittel oder auch den Rückgriff auf De­tailbeschreibungen, Fußnoten und die belehrende Disgression, um seinen Texten zusätzliche Glaubwürdigkeit zu verleihen. Dieser teilweise zwar genretypische aber dennoch für einen "unbeleckten Bär" (F. Wehl: Zeit und Menschen - Tagebuchauf­zeichnungen, 1889) ungewöhnlich erscheinende Gebrauch lite­rarischer Stilmittel kann auf Gerstäckers Belesenheit (abge­sehen von den oben schon erwähnten Titeln z.B. Walter Scotts historische Romane oder die Klassiker-Ausgaben des Cotta-Verlages (Goethe, Schiller)) und auch seine Bekanntschaft mit wichtigen Literaten der Zeit zurückgeführt werden. In diesem Zusammenhang ist auch sein Engagement in literari­schen Vereinigungen zu sehen.

Dennoch lassen sich verschiedene Schwächen Gerstäckers nicht leugnen. Der Aufbau seiner Werke ist teilweise umständlich, auch finden sich des Öfteren Wiederholungen. Sein Hauptpro­blem ist jedoch die nicht immer gut gelungene Charakterisie­rung der Hauptfiguren, die oft etwas blass und schablonenhaft wirken. Diese Schwächen zeigen sich am stärksten in seinen Romanen. Zahlreiche Skizzen und kürzere Erzählungen sind dagegen von solchen Problemen weitgehend frei. 

Gerstäckers schriftstellerischen Werke haben inzwischen Patina angesetzt. Sie entsprechen leider kaum noch dem heutigen Massengeschmack, obwohl viele seiner Texte – ich denke hier insbesondere auch an kürzere Erzählungen – durchaus eine Wiederentdeckung wert sind. 

Im 19. Jahrhundert war Gerstäcker dagegen ein „Bestsellerautor“. Seine Bücher erlebten zahlreiche Auflagen und erschienen auch in Gesamtausgaben mit bis zu 45 dickleibigen Bänden, die bis weit ins 20. Jahrhundert erhältlich waren. Allerdings wurden diese umfangreichen Ausgaben schon vor 1900 deutlich bearbeitet, gestrafft  und gekürzt, so dass die meisten der im 20. Jahrhundert erschienenen „großen“ Ausgaben, z.B. bei Neufeld & Henius, Ensslin & Laiblin oder bei Goldmann deutlich von Gerstäckers Originaltexten abweichen können. 

Aber nicht nur die Originaltexte sondern auch die späteren bearbeiteten Fassungen haben Wirkung auf Leser und andere Autoren gehabt. Karl May hat nachweislich Gerstäckers Schriften gründlich benutzt und auch der betrunkene Indianer, den Franz Treller zu Beginn seines Romanes Verwehte Spuren auftreten lässt, kann eine Verwandtschaft mit Gerstäckers Assowaun aus den Regulatoren in Arkansas nicht verleugnen. 

Gerstäcker, „ein großer Erlebnisjäger“ (Plischke, Südseewalfang, 13) steht zudem aber für die Ausweitung der Handlungsorte des Abenteuerroman über den nordamerikanischen Raum hinaus. Seine Werke spielen  – abgesehen von Nordamerika – in Südamerika, in Australien oder in der pazifischen Inselwelt. Hier sollten auch andere Autoren abenteuerlicher Bücher Handlungsorte finden. Erwähnt seien nur kursorisch Ferdinand Emmerich, der Gerstäcker noch persönlich kennengelernt hatte, Ernst F. Löhndorff, Kurt Gafran, Olaf Eljens oder auch die Jugendbuchautoren S. Wörishöffer und Maximilian Kern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen zumeist nur noch stark bearbeitete Fassungen der bekanntesten Romane Gerstäckers auf den Buchmarkt. Die Flusspiraten des Mississippi und Die Regulatoren in Arkansas wurden dann während des europäischen Westernbooms der 1960er Jahre auch verfilmt. Diese Verfilmungen entfernen sich allerdings teilweise sehr weit von den Buchvorlagen und können den Flair der Originale nicht erhalten. Für Jugendliche entstanden zudem einige schöne Hörspielversionen der beiden Romane, von denen die 1971 für den Bayrischen Rundfunk erstellte umfangreiche Produktion Die Pferdediebe von Arkansas auf zwei CDs neu veröffentlicht wurde. 

Seit 1979 kümmert sich die Friedrich Gerstäcker Gesellschaft in Braunschweig um den Autor und sein Werk. Die Gesellschaft stellte in ihrem sehenswerten Museum den Autor vor und bietet mit ihrem empfehlenswerten Buchprogramm die Möglichkeit auch die Schriften Gerstäckers im Originaltext kennen zu lernen. Zahlreiche unbearbeitete und sorgfältig edierte Neuausgaben sind als EBook oder in gedruckter Form lieferbar. Im Rahmen ihrer Tagungen und Forschungen hat sich in den vergangenen Jahren auch die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Western (German Association for the Study of the Western) in Münster mehrfach mit Friedrich Gerstäcker beschäftigt, so dass hier abschließend festgehalten werden kann: Gerstäcker ist heute zwar beileibe kein Bestsellerautor mehr, aber sein Werk wirkt auch im 21. Jahrhundert weiter.


Hinweis: Obiger Beitrag wurde ursprünglich als Vortrag gehalten. Für diese Printfassung wurden Illustrationen hinzug efügt.