Heute gibt es wieder ein neues Interview - diesmal mit Patrick J. Grieser, den ich schon sehr lange kenne und seinen Werdegang aufmerksam in all den Jahren verfolgt habe. Da vor kurzem seine Western IM REICH DES WENDIGO und CANYON DER VERLORENEN bei EK-2 Publishing erschienen sind, war das ein guter Grund, den Kontakt mit Patrick zu suchen und ihm einige Fragen zu seinen Projekten zu stellen. |
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Dienstag, 11. März 2025
Alfred Wallon interviewt: Patrick J. Grieser
Alfred Wallon interviewt: Patrick J. Grieser
AW: Der Name Patrick J. Grieser ist für die Western-Leser vermutlich noch ganz neu. Deshalb gleich zu Beginn die erste Frage: Erzähl ein bisschen was über Deinen bisherigen Werdegang!
PG: Ich bin promovierter Psychologe und arbeite in Frankfurt in eigener Praxis als Psychotherapeut und Verkehrspsychologe. Für das Schreiben habe ich schon immer eine gewisse Affinität gehabt. 2001 habe ich den Basilisk Verlag gegründet, um dort fantastische Unterhaltungsliteratur zu publizieren. Dort habe ich 24 Jahre lang sehr viele namhafte Autoren, wie z. B. David Eddings, John Norman, Paul Kearney usw. veröffentlichen können. Auch dich, lieber Alfred, haben wir damals unter Vertrag nehmen können mit „Jesca“, eine Sub-Serie aus dem Thorin-Universum und deinen Pilotband für unsere damalige Dark-Fantasy-Serie „Caine – Der dunkle Prophet“. Parallel zu meiner Arbeit als Verleger habe ich auch als Spieledesigner bei dem belgischen Computerspieleunternehmen Larian Studios gearbeitet und dort die Quests und Texte für das PC-Rollenspiel „Divine Divinity“ geschrieben. In den letzten Jahren habe ich mich als Schriftsteller schwerpunktmäßig um meine Primus-Romane gekümmert, ein wilder Stil-Mix aus Fantasy, Science-Fiction und Horror.
AW: Wir beide kennen uns ja aus der Zeit, als Du mit dem Schreiben gerade erst begonnen hattest. Damals war es überwiegend im Bereich Fantasy, Phantastik und Horror. Wie kamst Du dann auf den Gedanken, es einmal mit einem Western zu versuchen? Hast Du viele Romane gelesen, und kennst Du andere Autoren aus diesem Genre?
PG: Die Idee, einen Western zu schreiben, habe ich schon sehr lange mit mir herumgetragen. Beeinflusst haben mich in diesem Zusammenhang insbesondere die Romane von G. F. Unger, die ich schon als Jugendlicher sehr gerne gelesen habe und von denen ich sogar eine Zeit lang ein Abo bei der Romantruhe hatte. Später kamen dann die Romane von R. F. Garner alias Peter Dubina dazu. Natürlich gibt es in diesem Zusammenhang auch bis zum heutigen Tag immer noch eine gewisse Bewunderung für die Werke von Karl May, wobei ich gestehen muss, dass mir die Orient-Bände besser gefallen haben als die klassischen Western-Werke aus seiner Feder. Während meiner Zeit als Student war es dann erst einmal sehr ruhig, was das Western-Genre betrifft, da ich mich verstärkt dem Fantasy- und SF-Genre gewidmet habe.
Erst in den letzten Jahren wurde mein Interesse wieder geweckt, als ich deine wirklich hervorragende Reihe „Die Forts am Bozeman Trail“ gelesen habe. Zu dieser Zeit standen wir beide dann auch wieder regelmäßiger in Kontakt und haben uns, was Western-Literatur betrifft, ausgetauscht. Mit den „Forts“ hat mich das Western-Fieber wieder gepackt und ca. 80 Prozent meiner Bücher, die ich aktuell lese, sind Western-Bücher.
Zurzeit verfolge ich – was deutschsprachige Autoren betrifft – die G. F. Unger Sonderedition mit den ungekürzten Ausgaben und die Serie Skull-Ranch (Bastei veröffentlicht die Romane neu als Sammelbände). International lese ich gerade die sehr unterhaltsamen Texas Ranger Will Kirkpatrick-Romane von James J. Griffin, die Apache-Romane des leider viel zu früh verstorbenen Autors William M. James (alias Laurence James), die Battling Harrigans of the Frontier-Reihe von Dusty Richards und Matthew P. Mayo, die Heck and Hope-Reihe von John Deacon und hin und wieder mal einen Roman aus dem Schreibkollektiv William W. Johnstone und J. A. Johnstone.
Einen Western schreiben kann man nicht von heute auf morgen. Man muss sich erst einmal über lange Zeit mit der Geschichte und Kultur der damaligen Zeit auseinandersetzen. Aus diesem Grund habe ich vor jedem Autor historischer Westernromane allergrößte Hochachtung. Den Versuch, einen Western zu schreiben, bin ich erst angegangen, als ich mir sicher war, dass ich mir das notwendige Hintergrundwissen angesammelt habe.
AW: Wenn ich zurückblicke, dann hast Du bei allem, was du geschrieben und damals sogar im eigenen Verlag veröffentlicht hast, großen Wert auf besondere Inhalte, Druck und Qualität gelegt. Wie siehst Du das rückblickend von damals bis heute?
PG: Früher war ich sehr auf die physische Qualität von Büchern fokussiert – das Papier, den Einband, die Druckqualität. Mit der Zeit hat sich mein Fokus jedoch verlagert. Mir ist klar geworden, dass der Inhalt letztendlich das Wichtigste ist. Eine fesselnde Geschichte oder ein informatives Sachbuch können auch in einem einfachen Taschenbuch begeistern.
AW: Was war Dein Ziel, als Du Deinen ersten Western geschrieben hast? Wie bist Du an dieses Thema herangegangen, und gab es Dinge, die Du noch im Detail recherchieren musstest?
PG: Das Ziel war für mich, eine in sich schlüssige Geschichte zu schreiben, die den Leser unterhält. Mein Schwerpunkt hat in diesem Zusammenhang weniger auf einer historisch genauen Geschichte gelegen, denn das können andere Autoren viel besser als ich. Mein Ziel war es, einen spannenden Roman zu schreiben, der die Essenz des Westerns einfängt. Ich habe mir Freiheiten genommen, um die Handlung zu verdichten und die Charaktere zu dramatisieren. Für mich standen bei diesem Projekt die Atmosphäre und das Gefühl des Westerns im Vordergrund. Ich wollte eine Geschichte erzählen, die die raue Wildheit, die Konflikte und die starken Charaktere dieses Genres einfängt. Das alles geht aber nicht ohne eine gewissenhafte Recherche. Früher habe ich mir nie groß Gedanken darüber gemacht, was der Unterschied zwischen einem Single-Action- und einem Double-Action-Revolver ist, wenn ich James Axlers Deathland-Romane gelesen habe. Ohne dieses Grundwissen ist man aber aufgeschmissen, wenn man einen Western-Roman schreiben möchte. Es gibt so viele Feinheiten, die im Vorfeld gewissenhaft recherchiert werden müssen. Das ist eine Kunst.
AW: Gibt es Westernautoren, die richtungsweisend für Dich waren oder noch sind? Und wenn ja, warum?
PG: Ein großes Vorbild für mein schriftstellerisches Schaffen als Western-Autor ist Gert Fritz Unger. Bei deutschsprachigen Western-Romanen denkt man immer gleich an die Werke von Karl May, doch auch G. F. Unger war ein sehr populärer und vor allen Dingen produktiver Schriftsteller, der viel für das Western-Genre in Deutschland getan hat. Ich habe vor Kurzem das „100 Jahre G. F. Unger-Jubiläums-Buch“ gelesen und wenn man so die Privatfotos von G. F. Unger sieht, muss man einfach neidlos sagen, dass er ein sehr cooler Typ gewesen ist. Seine Geschichten sind einfach und schlicht, aber gerade deshalb so unheimlich packend und fesselnd.
AW: Dein erster Western IM REICH DES WENDIGO ist ja vor kurzem beim Verlag EK-2 Publishing erschienen. Du hast hier als Erzählstil das Präsens gewählt, und es fällt auf, dass Du dich hier teilweise am Stil von G. F. Unger orientiert hast. Ein neuer Western im Präsens ist in heutiger Zeit dennoch ungewöhnlich. Warum hast Du das gemacht?
PG: Ich verstehe meine Romane als eine Art Hommage an G. F. Unger. Ein Leser meinte einmal, der Wendigo sei eine Mischung aus G. F. Unger und William W. Johnstone. Das ehrt mich natürlich sehr. Das typische Merkmal vieler Unger-Novellen war der Präsensstil. Mittlerweile habe ich mich so daran gewöhnt, dass es manchmal schon merkwürdig ist, wenn ich ein Buch in der Vergangenheitsform lese. IM REICH DES WENDIGO sollte in diesem Zusammenhang eine Würdigung an das literarische Schaffen von G. F. Unger sein.
AW: Dass Du aus dem phantastischen Bereich kommst, merkt man auch an der Storyline Deines aktuellen Romans. Könntest Du dir vorstellen, die phantastischen Elemente in einem Deiner nächsten Romane stärker zu berücksichtigen?
PG: Meine Western sind in erster Linie realistische Geschichten, die in der rauen und ungezähmten Welt des amerikanischen Westens spielen. Ich liebe es, die Atmosphäre dieser Zeit einzufangen, die Konflikte und Herausforderungen, mit denen die Menschen konfrontiert waren. Gleichzeitig bin ich auch ein großer Fan von fantastischen Elementen, aber ich verwende sie sehr subtil. Es sind eher Andeutungen, Mysterien, die in die Geschichte einfließen, ohne dass sie jemals ins Fantastische abgleiten. Vielleicht gibt es irgendwann einmal einen literarischen Mix (Western/Horror/Fantasy) aus meiner Feder, konkrete Pläne habe ich aber noch nicht, da ich mich erst einmal auf die Sonderbände der Reihe „Das Gesetz des Westens“ konzentrieren möchte.
AW: Ein weiterer Roman von Dir ist soeben erschienen. CANYON DER VERLORENEN ist ein Sonderband in der Reihe "Das Gesetz des Westens". Um was geht es dort, und warum ist es ein Sonderband?
PG: CANYON DER VERLORENEN war zunächst als Roman für die Reihe „Das Gesetz des Westens“ geplant gewesen. Die Geschichte wurde im Nachgang dann doch so umfangreich, dass sich der Verlag entschied, eine Sonderband-Reihe mit erweitertem Umfang zu publizieren. Die Serie, die ich in den Sonderbänden veröffentliche, heißt „Ein Mann wie Zack Tully“. Sie dreht sich um einen Revolverschwinger namens Zack Tully, der nach den Wirren der mexikanischen Revolution um Kaiser Maximilian nach Arizona zurückkehrt und dort jede Menge Abenteuer erlebt. Auch dieser Roman ist eine Hommage an G. F. Ungers Geschichten. Inspirieren lassen habe ich mich in diesem Zusammenhang von Ungers „Saloon der Erbarmungslosen“, den ich nach wie vor für einen seiner besten Romane aus seiner schriftstellerischen Schaffenszeit halte.
AW: Ein kleiner Blick auf Deine weiteren Projekte: Was können die Leser von Dir bei EK-2 sonst noch erwarten?
PG: Bei EK-2 werde ich mich verstärkt auf die Sonderbände rund um Zack Tully konzentrieren. Ich möchte gerne auch noch einen weiteren Roman um die Gebrüder Bannister und Liz Tipton kreieren, die Protagonisten aus IM REICH DES WENDIGO. Parallel dazu laufen die Vorbereitungen für die Veröffentlichungen meines ca. 700 Seiten großen Fantasy-Schmökers „Die Nibelungen 2.0 – Reckendämmerung“, der im Sommer bei einem anderen Verlag erscheinen wird. Und irgendwann werde ich es auch hinbekommen, das Seitenlimit einzuhalten und einen regulären Band in der Reihe „Das Gesetz des Westens“ veröffentlichen zu können.
AW: Wenn Du den Lesern noch etwas mitteilen möchtest, dann wäre jetzt und hier die Gelegenheit dafür.
PG: Ich hoffe, meine Geschichten haben euch ein paar Stunden der Flucht aus dem Alltag ermöglicht und euch in die faszinierende Welt des Wilden Westens entführt. Es ist mir eine Ehre, diese Welt mit euch zu teilen!